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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Mit internationalen Absolventinnen und Absolventen gegen den Fachkräftemangel

Die Programme des Hochschulservice International helfen internationalen Studierenden bei Studium und Berufseinstieg in Deutschland

 © Colourbox

Der Fachkräftemangel in Deutschland ist akut. Internationale Absolventinnen und Absolventen bieten hier großes Potenzial für die Wirtschaft. Die THWS hat deshalb mehrere Programme ins Leben gerufen, um die internationale Ausrichtung der THWS und somit auch die Attraktivität für internationale Studierende zu stärken.

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt herrscht seit Jahren ein Mangel an qualifiziertem Fachpersonal in vielen Berufen. Dieser wird durch den demographischen Wandel in den nächsten Jahren noch verstärkt werden. Neben Qualifizierungsmaßnahmen im Inland und der Anwerbung von Fachkräften im Ausland ist eine weitere Möglichkeit, diesem Trend entgegenzuwirken, auf den Pool internationaler Absolventinnen und Absolventen in Deutschland zurückzugreifen. Tatsächlich bemühen sich die Hochschulen in Deutschland seit einigen Jahren verstärkt um internationale Studierende. Auch an der THWS steigt die Zahl internationaler Studierender stetig: Waren es 2017 circa 1.600 Studierende, sind es inzwischen circa 2.600. Das entspricht einem Anteil von rund 30 Prozent an der Gesamtzahl der Studierenden. 

Um attraktiv zu bleiben, bieten die Hochschulen neben Studienfächern in englischer Sprache auch vermehrt praktische Hilfe an, was sowohl das Studium erleichtern als auch beim Berufseinstieg in Deutschland helfen soll. Laut einer Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration aus dem Jahr 2017 sind für einen erfolgreichen Berufseinstieg internationaler Studierender insbesondere folgende Punkte relevant: Förderung der sozialen Integration, bessere Möglichkeiten zum Spracherwerb, Beratung und Coaching sowie Praktika und frühzeitige Unternehmenskontakte. Der Hochschulservice International (HSIN) der THWS hat dafür seit 2019 unter dem Projektnamen i-Confidence verschiedene Programme ins Leben gerufen: den International Career Service, den KomPass International sowie den Interkulturellen Führerschein. 

Die Programme des HSIN an der THWS

Der International Career Service (ICS) bietet internationalen Studierenden englischsprachige Seminare rund um die Themen Stellensuche, Bewerbung und Berufseinstieg an. Auch wichtig im internationalen Zusammenhang ist die „Businessetikette“, wie Martin Gleißner betont, der die verschiedenen Programme konzipiert hat und weiterhin koordiniert. „Oft kennt man die Kleinigkeiten nicht, wenn man aus einer anderen Kultur kommt, und verhält sich nach seinen Maßstäben normal. Das ist dann aber bei uns vielleicht ein No-Go und man wird als Bewerber ausgesiebt. Das sind die kleinen Bausteine, wo wir den Studenten versuchen zu helfen“, so Gleißner. Es werden auch viele Veranstaltungen in Kooperation mit lokalen Unternehmen angeboten, so etwa Firmenbesichtigungen oder Bewerbungstrainings mit Verantwortlichen aus den Personalabteilungen. Das ermöglicht den Studierenden, sich einen Überblick über die Karrieremöglichkeiten in der Region zu verschaffen und erste Kontakte zu knüpfen, die bestenfalls in ein Stellenangebot münden.

Zitat von Martin Gleißner: „Oft kennt man die Kleinigkeiten nicht, wenn man aus einer anderen Kultur kommt, und verhält sich nach seinen Maßstäben normal. Das ist dann aber bei uns vielleicht ein No-Go, und man wird als Bewerber ausgesiebt.“
Logo KomPass International

Der KomPass (Kompetenzen Pass) International verbindet die Angebote der THWS für Studierende, sich auf ein internationales Arbeitsumfeld vorzubereiten, und richtet sich explizit an deutsche wie internationale Studierende. Darunter fallen etwa Kurse für interkulturelles Training, Sprachkurse, die Angebote des ICS oder auch Auslandsaufenthalte. Der KomPass bietet Übersichtlichkeit über die Angebote und die Möglichkeit, sich sein Engagement zertifizieren zu lassen. Das soll den Studierenden auch bei der Bewerbung helfen. „Das Zertifikat fasst das Engagement der Studierenden zusammen und macht es auch für Unternehmen sichtbar“, erklärt Gleißner.

Der Interkulturelle Führerschein ist getrennt zu betrachten, da er sich an die Mitarbeitenden der THWS richtet. Er dient dazu, die Mitarbeitenden für andere Kulturen und Gebräuche zu sensibilisieren und eventuellen Missverständnissen zuvorzukommen. Das Programm umfasst ein generelles interkulturelles Training und zum anderen Regionalschulungen, die sich konkret mit einer Region, etwa China, Pakistan oder Indien, beschäftigen. Hier besteht auch die Möglichkeit, einen Austauschaufenthalt an einer Partnerhochschule zu organisieren, um mit den Kolleginnen und Kollegen sowie den Studierenden vor Ort in Kontakt zu treten, Sprachkenntnisse zu vertiefen und bestenfalls langfristige Beziehungen aufzubauen. Infolge der Corona-Pandemie werden zusätzlich auch vertiefte Regionalschulungen in englischer Sprache angeboten, die den Auslandsaufenthalt zwar nicht ersetzen, aber zumindest einen tieferen Einblick in die jeweilige Region und Kultur geben können. Das Programm bietet auch Sprachkurse in Zusammenarbeit mit dem Campus Sprache an. 

Die Programme kommen gut an

Die Programme werden insgesamt gut angenommen. So sind von den circa 2.600 internationalen Studierenden der THWS aktuell etwa 1.460 Studierende für die Kurse des ICS eingeschrieben. Den Interkulturellen Führerschein haben inzwischen 527 Mitarbeitende der THWS erworben. Doch welchen Nutzen haben diese Kurse am Ende, wie viele Studierende beginnen ihre Karriere in Deutschland, oder, noch besser, in der Region? In Zahlen lässt sich das nicht ausdrücken. Gleißner gibt sich jedoch zuversichtlich: „Die Programme helfen dabei, den internationalen Studierenden die Entscheidung leichter zu machen, ihre Karriere in Deutschland zu beginnen“, sagt der Projektkoordinator. „Wenn Sie allein sehen, wieviel Arbeit wir inzwischen da reinstecken, um den jungen Studierenden zu helfen, ins Berufsleben zu kommen und überhaupt ihr Studium zu schaffen.“

Özge Öztürk kommt ursprünglich aus der Türkei und hat an der THWS Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Inzwischen arbeitet sie als Unternehmensberaterin in München und absolviert einen dualen Master. Sie hat einige Kurse des ICS besucht und davon profitiert: „Die Hilfe beim Lebenslauf hat mir schon bei der Suche nach einer Praktikumsstelle geholfen. Ich habe auch einigen Studierenden empfohlen, sich anzumelden und die Angebote zu nutzen.“ Natürlich gebe es auch Verbesserungsbedarf, sagt Öztürk, sie könne sich zum Beispiel vorstellen, dass mehr interaktive Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten an der THWS in Schweinfurt angeboten werden, um den internationalen Studierenden weitere Anschlussmöglichkeiten außerhalb vom Studienalltag zu geben. Öztürk hat auch noch einen Tipp an internationale Studierende: „Im Ausland zu studieren und zu arbeiten, ist am Anfang nicht einfach, aber ich kann es definitiv empfehlen. Es ist eine Chance, sich persönlich zu entwickeln, Sprachkenntnisse zu erwerben und andere Kulturen kennenzulernen. Ich bin sehr zufrieden, dass ich das gemacht habe.“

Portraitbild Özge Öztürk
Özge Öztürk, Absolventin der THWS im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen (© Özge Öztürk)

Die jungen Absolventinnen und Absolventen werden jedenfalls dringend gebraucht. Allein in der Region Mainfranken fehlen laut IHK Würzburg-Schweinfurt rund 20.000 Fachkräfte über alle Branchen hinweg. Laut der Studie des Sachverständigenrats möchten rund 70 Prozent der internationalen Studierenden nach dem Studium in Deutschland bleiben. Das Potenzial ist also groß.

Zitat von Özge Öztürk: „Die Hilfe beim Lebenslauf hat mir schon bei der Suche nach einer Praktikumsstelle geholfen. Ich habe auch einigen Studenten empfohlen, sich anzumelden und die Angebote zu nutzen.“
Zitat von Özge Öztürk: „Im Ausland zu studieren und zu arbeiten, ist am Anfang nicht einfach, aber ich kann es definitiv empfehlen.“

Ein Artikel von 
Niko Fröba