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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Von Studierenden zu Gründenden

Wie die FHWS Gründungen unterstützt: damals und heute

 © N. Retsch

Pfannen, Wasserpfeifen oder Apparaturen für Feuerwehrfahrzeuge: Studierende an der FHWS haben schon alle möglichen Produktideen entwickelt. Manchmal wurden daraus erfolgreiche Unternehmen. Ein kleiner Rückblick auf die letzten 20 Jahre Gründungen an der FHWS.

Prof. Dr. Michael Müßig hat nicht nur mit Studierenden zu tun – sondern auch mit Gründerinnen und Gründern. 1998 ist er nach Schweinfurt gekommen, um Wirtschaftsinformatik zu lehren. „Dort hatte ich das Glück, dass ich direkt auf einen engagierten Studenten gestoßen bin, der gegründet hat.” Es handelte sich um die Firma Netlands, die heute noch in Schweinfurt existiert. In dem Moment habe er gemerkt, dass er mit den Studierenden zusammenarbeiten und ihnen wertvolle Tipps geben könne, so Müßig. Denn er bringt Erfahrung in Sachen Unternehmensgründung mit: Vor seiner Zeit an der Hochschule hat er bereits selbst gegründet, war angestellter Geschäftsführer und bei einem Börsengang dabei. „Das sind Erfahrungen, die man vor der Hochschultür nicht stehen lässt, sondern wunderbar miteinbringen kann.” In 20 Jahren, in denen er das Thema Gründen an der FHWS begleitet und mit aufgebaut hat, hat er nur eine einzige Gründung scheitern sehen.

Daniel Unger und Axel Scheuering
Eology-Gründer Daniel Unger (links) und Axel Scheuering mit dem Award „Bayerns Best 50“ (© Lara Meyer)

Innovative Menschen helfen der Region

Ein weiteres unter Einfluss der FHWS gegründetes Unternehmen, das in der Region Mainfranken geblieben ist, ist die Eology GmbH. Im Zuge einer Prüfungsleistung haben die beiden Wirtschaftsinformatik-Studenten Axel Scheuering und Daniel Unger 2009 bei der Google Online-Marketing-Challenge, einem Wettbewerb mit über 2.000 studentischen Teams aus aller Welt, den 2. Platz belegt. Und was zwischen den beiden Freunden immer nur eine Spinnerei war, wurde Realität: „Die Idee, etwas Eigenes zu gründen, hatten wir schon lange, aber über diese Challenge sind wir dann so reingeschlittert”, erzählt Scheuering. Denn das, was sie beim Wettbewerb entwickelten, traf auf viel Interesse von Unternehmen. Somit hatten die beiden Studenten noch während ihres Studiums ihre ersten Aufträge und gründeten eine GbR. „Manchmal braucht es sowas wie diesen Wettbewerb, sonst wäre der Anfangsschub wahrscheinlich ausgeblieben.” Zudem hätten sie viel Unterstützung seitens der Hochschule bekommen – vor allem von ihrem Professor Dr. Mario Fischer, der auch an der Firma beteiligt ist. Deswegen pflegt Scheuering einen engen Kontakt zur Hochschule: Sei es über Projekte mit Studierenden oder Eology-Mitarbeitende, die immer mal wieder Gastdozierende sind.

Heute gehört Eology zu den 50 wachstumsstärksten mittelständischen Unternehmen in Bayern. Derartige Erfolge erhofft sich Müßig von seiner Lehre und Hilfe: „Mein Ansporn ist, übertrieben gesprochen, die regionale Wirtschaftsförderung. Wenn wir es schaffen, dass wir innovative Menschen in der Region halten, die Dinge bewegen und Arbeitsplätze schaffen, dann hilft das der Region.” Außerdem gehe es ihm um den Netzwerkgedanken: „Wenn man Unternehmen begleiten kann, dann ergeben sich tolle Kooperationsmöglichkeiten. Ich kann für Neugründende mal eine Tür aufmachen, und durch diese entstehen dann wieder neue Türen, die man für die nächsten öffnen kann — das ist so ein Kreislauf.”

Zitat von Prof. Dr. Michael Müßig: „Wenn wir es schaffen, dass wir innovative Menschen in der Region halten, die Dinge bewegen und Arbeitsplätze schaffen, dann hilft das der Region.”

Auch die erste Gründungsberaterin der FHWS, Ulrike Machalett-Gehring, findet, dass die Unterstützung und Förderung angehender Gründer für die Region wichtig ist: „Nicht nur die FHWS und die Studierenden, sondern unser Umfeld, die Menschen und die Region haben etwas davon.” Gemeinsam mit ihrer Kollegin Monika Waschik macht sie das Thema Entrepreneurship an der Hochschule „sichtbar und greifbar”: Die Gründerberaterinnen bieten Workshops, Förderhilfen und Netzwerkmöglichkeiten an. Die FHWS ist Kooperationspartner vom Zentrum für Digitale Innovationen (ZDI), wodurch das Netzwerk nochmal vergrößert wurde. Seit 2020 gehört die Hochschule zudem dem EXIST-Potenziale Förderprogramm EntrepreneurSHIP des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie an. „Jeder Studierende soll während des Studiums mit dem Thema Selbstständigkeit konfrontiert worden sein”, sagt Machalett-Gehring. Dafür haben die Gründungsberaterinnen auch Events wie die „Campus Startup Night“ und Module wie „Gründen“ oder „5 Euro StartUP“ entwickelt. Aktuell in Planung ist ein Gründungscafé, in dem erfahrene Gründerinnen und Gründer mit Studierenden in einen direkten Austausch gebracht werden sollen.

Gründungskultur nachhaltig verankern

Ein intensiver Kontakt ist für die beiden Gründungsberaterinnen der FHWS fundamental: Sie verlieren kaum einen der von ihnen betreuten Gründenden aus den Augen und sind mittlerweile mit 100 Gründungen vernetzt. Ihr Ziel: eine Gründungskultur nachhaltig in der Hochschule zu verankern. Egal welche Idee, ob App, Pfannen, Wollladen oder Café — „wir versuchen, all unsere Studierenden zu erreichen und darauf hinzuweisen, dass eine Unternehmensgründung eine Option ist — und zwar definitiv für alle”, betont Machalett-Gehring. Und Monika Waschik ergänzt: „Besonders wichtig ist uns und auch der FHWS, dass wir bei den Studierenden das Mindset verändern: Wie werde ich unternehmerisch denkend und handelnd?”

Wie sich Gründungen gewandelt haben

Bei den meisten Gründungs-Ideen handelt es sich heute um App-Anwendungen, erzählt Machalett-Gehring: „Am Anfang waren es viele physische Produkte – heute geht der Trend zum Digitalen.” Auch eine gewisse Leichtigkeit ist über die Jahre im Gründen aufgekommen, was die Anfragen bei den beiden Gründungsberaterinnen in die Höhe schießen ließ. „Das ist genau das, was wir wollen. Unser regionales und überregionales Netzwerk wächst stetig“, erzählt Waschik. Auch bei der Unterstützung hat sich im Gegensatz zu früher einiges getan: Das Thema der Unternehmensgründung hat eine starke Präsenz und eine fördernde Struktur an der Hochschule entwickelt, sagt Prof. Dr. Müßig: „Am Anfang war es eher ein reaktives und zufälliges Unterstützen, heute ist es ein aktives.“

Zitat von Monika Waschik: “Was uns besonders wichtig ist — und das ist der FHWS auch wichtig — dass wir bei den Studierenden das Mindset verändern: Wie werde ich unternehmerisch denkend und handelnd?”

Gründungen an der FHWS — ein Auszug:

  • Erstes Unternehmen: Netlands EDV Consulting GmbH, Schweinfurt, Christian Payr, 1999
  • Frühes Unternehmen/Gründer hat heute einen Lehrauftrag an der FHWS: Fink IT-Solutions GmbH & Co. KG, Christian Fink, 2004
  • Frühes Unternehmen/2. Platz Google Online-Marketing-Challenge: Eology GmbH, Schweinfurt und Würzburg, Axel Scheuering & Daniel Unger, 2010
  • Unicorn, Würzburger Start-up Preis (Michael Müßig saß in der Jury): Scoutbee GmbH, Fabian Heinrich, Gregor Stühler & Lee Galbraith, 2015
  • Junges Start-up: Faaren GmbH, Daniel Garnitz & Maxi Renoth, 2018
  • Crowdfunding, 1,875 Millionen Euro über Kickstarter eingesammelt, Forbes 30 unter 30: STUR Cookware UG, „Pfannenhelden“, Filip Mierzwa & Simon Köstler, 2019
  • Junges Start-up: Web Inclusion GmbH, Oliver Greiner, 2020
  • Wollladen: Wollreich, Anne Lehenbeuter, 2020
  • Inklusionscafé: Café Senza Limiti, Steven Henze, 2021
Steven Henze in der Würzburger Innenstadt
Steven Henze macht in Würzburg auf sein Inklusionscafé Senza Limiti aufmerksam. (© Sina Süptitz)
Portrait Lea Holzamer

Ein Artikel von 
Lea Holzamer