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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

International: Promovieren an der Auburn University in den USA

Über die Herausforderungen der kooperativen Promotion

 © Colourbox 6258

Zwei Doktoranden der THWS promovieren in Kooperation mit der nordamerikanischen Auburn University. Die Doppelbelastung als wissenschaftliche Mitarbeiter in Deutschland und Vollzeitstudenten in den USA ist herausfordernd. Wie die Promovenden damit umgehen, wie die Kooperation entstanden ist und was sie für die Zukunft bedeuten könnte.

Veröffentlicht am 27.07.2023

Pionierarbeit – so nennen die Doktoranden Fabian Schirmer und Philipp Kranz sowie ihr Betreuer Prof. Dr. Tobias Kaupp die Kooperation der THWS mit der Auburn University in Alabama, USA. Seit Januar 2023 arbeiten Schirmer und Kranz daran, ihren PhD – also den amerikanischen Doktorgrad – zu erlangen. Ihr Forschungsgebiet ist die Mensch-Roboter-Kollaboration.

Porträt von Prof. Dr. Tobias Kaupp
Prof. Dr. Tobias Kaupp leitete die Kooperation mit der Auburn University in die Wege (© THWS / Simone Friese)
Porträt von Doktorand Fabian Schirmer
Doktorand Fabian Schirmer (© Studio 11)
Porträt von Philipp Kranz
Doktorand Philipp Kranz (© THWS)

Die Promotionsverfahren an der THWS finden in Zusammenarbeit mit Universitäten statt, da die THWS als Hochschule für angewandte Wissenschaften nicht über ein eigenes Promotionsrecht verfügt. Bei dieser kooperativen Promotion ist das eigentliche Promotionsverfahren an der kooperierenden Universität verortet. Dennoch sind die Promovierenden eng in die Strukturen der THWS eingebunden. Sie sind häufig als wissenschaftliche Angestellte an einem Forschungsprojekt beteiligt – so auch Schirmer und Kranz. Die beiden arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Digital Engineering (IDEE).

Ansicht des Campus der Auburn University
Der Campus der Auburn University bei Sonnenuntergang (© THWS / Tobias Kaupp)

Von herausragender Forschung und ansteckender Begeisterung

Die Kooperation wurde in die Wege geleitet, als im April 2022 eine Delegation der Auburn University die THWS in Schweinfurt besuchte, um eine generelle Zusammenarbeit im Bereich der Robotik aufzubauen. Kaupp stieß die Idee der kooperativen Promotion damals an. „Ich wollte unsere Studierenden nicht einfach nach Auburn schicken“, erzählt er. Ihm sei es wichtig, gute Absolvierende an der THWS zu halten.

„Da wir auf der Suche nach Promotionsmöglichkeiten waren, hat sich eine kooperative Promotion als erster Schritt der Zusammenarbeit angeboten“, erinnert sich Promovend Kranz. Dass die Auburn University eine Partnerhochschule der THWS ist, habe den Prozess erleichtert. Dadurch sei seitens der Hochschulleitung schon die Unterstützung für eine Zusammenarbeit vorhanden gewesen.

Die Auburn University wurde im Jahr 1856 gegründet. Sie bietet eine breite Palette von Studiengängen in verschiedenen Fachbereichen an, darunter Ingenieurwissenschaften, Wirtschaft, Landwirtschaft und Gesundheitswissenschaften. Die Universität ist bekannt für ihre modernen Einrichtungen und herausragende Forschung. Schirmer und Kranz promovieren dort am College of Engineering. 

Das Engineering-Programm bietet den Doktoranden viele Möglichkeiten, lehrreiche Kurse zu belegen. „Für mich persönlich war der ausschlaggebende Punkt jedoch die Begegnung mit Prof. Dr. Chad Rose“, erzählt Kranz. Dessen Begeisterung für Robotik habe ihn angesteckt. „Das führte letztendlich dazu, mich für ihn als Betreuer und damit für die Auburn University zu entscheiden“, berichtet er weiter.

Rose ist Hauptverantwortlicher aufseiten der Auburn University. Er begleitet Schirmer und Kranz sowohl fachlich als auch organisatorisch. Nicht nur Kranz ist von ihm begeistert, auch Schirmer schwärmt: „Er hat einen tollen Charakter und ist wahnsinnig hilfreich.“ 

Zwischen Vollzeitstudium und Vollzeitarbeit

Nachdem der Kontakt zur Auburn University hergestellt war, haben Schirmer und Kranz sofort den Bewerbungsprozess gestartet. „An der THWS genügte eine Bewerbung mit Lebenslauf, da ich das Forschungsprojekt, an dem ich arbeitete, selbst mitbeantragt hatte“, berichtet Kranz. An der Auburn University war der Prozess etwas komplizierter. Die Doktoranden mussten neben dem Nachweis von Englischkenntnissen durch einen TOEFL-Test auch Empfehlungsschreiben sowie ein Statement of Purpose einreichen, in dem sie ihre Motivation zur Promotion erläutern mussten.

Seit dem 1. Januar 2023 sind die beiden an der Auburn University eingeschrieben. Seitdem läuft nicht alles so schnell wie die Bewerbung. „Als Pioniere für eine kooperative Promotion in der Robotik mit der Auburn University standen wir vor vielen nichtexistierenden Prozessen“, erinnert sich Kranz. Kaupp fügt hinzu: „Der größte Unsicherheitsfaktor sind die Rahmenbedingungen, die nicht dafür gemacht sind, dass die Leute nicht vor Ort sind.“ Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem PhD-Programm in Auburn, das als Vollzeitstudium konzipiert ist, und der Vollzeittätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiter in Deutschland. „Wir mussten einen Weg finden, der für beide Seiten funktioniert“, sagt Kranz.

Zitat von Philipp Kranz: „Als Pioniere für eine kooperative Promotion in der Robotik mit der Auburn University standen wir vor vielen nichtexistierenden Prozessen.“
Zitat von Fabian Schirmer: „Ich kann mir keinen besseren Betreuer als Prof. Kaupp vorstellen.“

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, findet derzeit ein monatliches Zoom-Meeting statt. Darin werden hauptsächlich organisatorische Angelegenheiten geklärt. Insbesondere das Anrechnen von Leistungen gestaltete sich als sehr schwierig. Nach mehr als sechs Monaten konnten sie nun eine Einigung erzielen. Fünf Kurse müssen sie an der Auburn University nachholen, der Rest wird ihnen angerechnet. „Wir mussten sehr proaktiv sein, aber letztendlich waren die Gespräche zielführend“, berichtet Schirmer. Die organisatorischen Rahmenbedingungen zu klären, sei sehr zeitaufwendig. 

Laut Kaupp sei die Bereitschaft, gemeinsam etwas zu schaffen, trotz der Hindernisse, extrem groß. Er war bei fast allen Meetings dabei und unterstützt Schirmer und Kranz sowohl in organisatorischen als auch in technischen Fragen. Schirmer ist sicher: „Ich kann mir keinen besseren Betreuer als Prof. Kaupp vorstellen.“

Rahmenbedingungen: Credit Points, Studienzeit und Auslandsaufenthalt

Um den Abschluss zu erlangen, müssen die zwei insgesamt 60 Credit Points (CP) sammeln. Dabei sind sieben Kurse im Bereich Mechanical Engineering (Major) und drei Kurse in einem selbst gewählten Minor vorgesehen. Von den 60 CP müssen mindestens 30 durch besuchte Kurse erworben werden. Weitere zehn CP können durch Forschungsarbeit in Form von Veröffentlichungen erbracht werden. Die verbleibenden 20 CP können entweder durch zusätzliche Kurse oder weitere Forschungsarbeit erlangt werden.

Eine Promotion an der Auburn University dauert in der Regel etwa drei bis vier Jahre. Die beiden Doktoranden erledigen die Arbeit mit Auburn größtenteils in den Abendstunden und an Wochenenden. Dadurch ist es nicht möglich viele Kurse in einem Semester zu absolvieren. „Wir müssen die Studienzeit flexibler gestalten, um alles miteinander vereinbaren zu können“, so Schirmer.

Aktuell ist geplant, dass Schirmer von Anfang bis Mitte 2024 in die USA reist und Kranz anschließend von Mitte bis Ende 2024. „Allerdings macht es für mich erst Sinn die Reise anzutreten, wenn mein Research Proposal für die Promotion abgeschlossen ist“, betont Schirmer. Erst dann könne er dort richtig forschen.

Es sei wichtig, dass die beiden hintereinander gehen, da sie in Deutschland in Projekte eingebunden sind und diese weiterlaufen müssen, so Kaupp. Er wünscht den beiden für ihren Auslandsaufenthalt neue Blickwinkel zu wagen, um dadurch neue Impulse für die Forschung zu schaffen. Kaupp selbst hat ebenfalls im Ausland promoviert. Aus eigener Erfahrung sagt er: „Man realisiert oft erst später, was man im Ausland alles gelernt hat.“

Zitat von Prof. Dr. Tobias Kaupp: „Man realisiert oft erst später, was man im Ausland alles gelernt hat.“

Wegbereitende Arbeit

Per Definition ist Pionierarbeit „wegbereitende Arbeit“. Die Kooperation bringt die Zusammenarbeit zwischen der Auburn University und der THWS voran und ebnet möglicherweise den Weg für weitere Studierende und andere Fachgebiete. Seitens seiner Kolleginnen und Kollegen sei das Interesse groß, so Kaupp. Er betont aber auch: „Wir müssen abwarten, ob das Modell funktioniert.“

Für nachfolgende Studierende würde der Prozess einfacher werden, ist sich Schirmer sicher. „Sie können von bereits vorhandenen Erfahrungswerten profitieren“, sagt er. Die Pioniere Schirmer, Kranz und Kaupp würden dafür den Weg bereiten.

Promovieren an der THWS:

Die Promotionsverfahren an der THWS finden derzeit in Zusammenarbeit mit Universitäten statt, da die THWS als Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) nicht über ein eigenes Promotionsrecht verfügt. Bei den sogenannten kooperativen Promotionsverfahren werden die Promovierenden von Professorinnen und Professoren sowohl der THWS als auch der kooperierenden Universität betreut.

Das eigentliche Promotionsverfahren findet an der kooperierenden Universität statt. Dort wird nach erfolgreicher Prüfung auch der Doktortitel verliehen. Durch die Kooperationen sind die Promovierenden eng in die Forschung und die Strukturen der THWS eingebunden und nehmen häufig als wissenschaftliche Mitarbeitende an einem Forschungsprojekt teil.

 

Update Oktober 2023:

Im Oktober 2023 hat die THWS mit der Genehmigung für das Promotionszentrum "Nachhaltige und intelligente Systeme" vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst das Promotionsrecht erhalten. Damit können junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals direkt an der THWS promovieren. Das Promotionszentrum ist eine gemeinsame Initiative der THWS, der Technischen Hochschule Aschaffenburg sowie der Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg und konzentriert sich auf ingenieurwissenschaftliche Promotionen. Zur Pressemeldung Promotionsrecht

Weitere Informationen zum Promovieren an der THWS

Ein Artikel von 
Marie Claire Hitchcock