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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Prof. Dr. Jean Meyer: Mit Leib und Seele Workaholic

Der Robotik-Studiengangleiter im Portrait

 © Reingold/Thomas Riese

Jean Meyer lebt für seinen Beruf. Er ist Prodekan der Fakultät Maschinenbau und Studiengangleiter des neuen Robotik-Studiengangs, den er mitentwickelt hat. Als Wahl-Bayer hat er sein berufliches Glück in Schweinfurt gefunden, zurück in seine Heimat nach Schleswig-Holstein zieht ihn nichts mehr.

Auf den ersten Blick wirkt Jean Meyer wie ein korrekter Typ. Nicht jung und wild, aber auch nicht steif. Der Seitenscheitel liegt korrekt, wie angegossen. Trotzdem macht Prof. Dr.-Ing. Jean Meyer nicht ganz den Eindruck eines Professors, eher den eines Lehrers. Ein sehr engagierter Lehrer, denn eines merkt man ihm sofort an: Er liebt seinen Job. Als Studiengangleiter hat er den im Wintersemester 2020/21 neu gestarteten Bachelorstudiengang Robotik am FHWS-Standort Schweinfurt mitentwickelt, der erste Bachelorstudiengang Robotik in Deutschland. Die Frage, ob dieser Studiengang quasi sein „Baby“ sei, entlockt ihm ein breites Grinsen. „Vielleicht nicht ganz mein Baby“, sagt Meyer. „An dem Projekt haben eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen tatkräftig mitgewirkt. Dennoch steckt da eine Menge persönliches Herzblut drin.“ Herzblut scheint in den meisten Dingen zu stecken, mit denen sich Jean Meyer beschäftigt. „Auch wenn es etwas unpopulär ist“, sagt er mit einem verlegenen Lächeln, „aber ich bin mit Leib und Seele Workaholic.“

‚KI-Key-Player‘ in der FHWS

Anfang des Jahres wurde Jean Meyer zudem in die Experteninnen- und Expertenkommission „KI-Wettbewerb Bayern 2020“ berufen. Diese bestimmt, wo in ganz Bayern 50 neue Professuren für Künstliche Intelligenz angesiedelt werden. Die meisten Zusagen haben hierbei das KI-Zentrum in München und die drei Knotenpunkte Ingolstadt, Erlangen und Würzburg erhalten. Die neuen Professuren werden sowohl an Universitäten, wie auch an Hochschulen angesiedelt. Eine wichtige und zukunftsträchtige Aufgabe, die Meyer aber weniger als persönliche Anerkennung sieht: „Die Berufung in die Expertenkommission war mit meiner Funktion als sogenannter KI-Knotensprecher verknüpft. Würzburg ist einer von vier KI-Knoten in der bayerischen Hochschullandschaft. Die Berufung ist dementsprechend mehr eine institutionelle Anerkennung der FHWS als ‚KI-Key-Player‘ unter den ganz Großen zu sehen.“ Mit unter 40 Jahren sei er in der Kommission zwar nicht der Jüngste, aber er habe den Altersdurchschnitt schon nach unten gezogen.

Bild eines Roboters mit Fahne in der Hand. Auf der Fahne steht "Robotik"

Jean Meyer spricht nahezu akzentfrei, aber wenn er schnell redet, dann kann man hier und da noch ein wenig vom hohen Norden hören. 1982 geboren und aufgewachsen in Rendsburg, Schleswig-Holstein, hat sich Jean Meyer dort nicht so ganz heimisch gefühlt. Als sein Physiklehrer nach dem Abitur seine Schüler fragt, was diese denn danach vorhätten, ist er nur einer von zweien, die Wehrdienst machen. Der Lehrer reagiert perplex: Er sei doch so ein guter Schüler gewesen. Jean Meyer lacht. „Die Bundeswehr ist damals wie heute in den Köpfen der Leute mit einem Geschmäckle behaftet.“ Nichtsdestotrotz behält Meyer die Tarnuniform, studiert 2004 nach seiner Grundausbildung Luft- und Raumfahrttechnik an der Bundeswehr-Universität bei München. Er ist ein klassischer „12-Ender“, verpflichtet sich für 12 Jahre beim Militär. Dort promoviert er auch, beim Institut für Werk- und Betriebsstoffe in Erding. Hier kommt Jean Meyer auch das erste Mal mit Robotern in Kontakt. „Das hat mich fasziniert, dieser Roboter als Universalwerkzeug, den man für verschiedenste Aufgaben einsetzen kann.“ Seine Begeisterung zu diesem Thema ist ihm anzusehen. „Das ist so ein bisschen wie früher mit Lego-Technik, wenn man etwas angeschlossen hat und sich dann etwas bewegt.“

Zitat Prof. Jean Meyer: „Manchmal muss ich mich echt fragen: Ist das, was ich tue, nur Beruf oder schon Hobby?“

Die Lehre als Berufung

Als Meyer 2016 die Bundeswehr verlässt, will er endlich „Schmied seines eigenen Glücks“ werden. Lange wägt er seine Entscheidung ab: Eher die freie Wirtschaft oder doch der Weg an die Hochschule. Bei verschiedenen betriebsinternen Fortbildungen ist ihm bereits aufgefallen, dass ihm die Wissensvermittlung liegt. So beginnt er eine Lehrtätigkeit bei der FHWS in Schweinfurt, wird zum Wintersemester 2017 als Professor berufen. „Ich finde es sehr befriedigend, Leute mit meinen Themen zu fesseln.“ Dass Jean Meyer das kann, merkt man im Gespräch mit ihm sofort. Er brennt für seine Themen. So sehr, dass er sich fast schon ein bisschen dafür schämt: „Manchmal muss ich mich echt fragen: Ist das, was ich tue, nur Beruf oder schon Hobby?“ Und dann ist da wieder das etwas verkniffene Grinsen, das Lachfältchen um seine Augen erscheinen lässt.

Während seiner Zeit in Erding hat Meyer auch seine heutige Frau kennengelernt, ebenfalls Ingenieurin, aber im Chemiebereich. Für die Beziehung pendelt er jedes Wochenende zu ihr nach Düsseldorf. „Das finde ich nicht so schlimm“, sagt Meyer und grinst. „Ich bin leidenschaftlicher Autofahrer, vor allem auf der Autobahn.“ Vom Tempolimit hält er dementsprechend wenig. „Wir haben noch keine Kinder, deswegen geht das. Aber wenn die Distanz zum Problem wird, dann müsste definitiv meine Frau nach Schweinfurt kommen, denn ich gehe hier so schnell nicht weg“, sagt er und grinst wieder.

Zurück in den Norden zieht ihn nichts mehr. „Ich bin mit Leib und Seele Bayer“, sagt er. „Wenn ich mal stürze und blute, dann blutet es blau-weiß.“ Dass er damit schon den ein oder anderen fränkischen Kollegen ein bisschen verärgert hat, stört ihn nicht. „Franken ist ja an sich auch Bayern“, meint Jean Meyer und weiß möglicherweise nur zum Teil, welche lokalpatriotischen Konflikte er damit auslöst.

Profilfoto Alexander Gruber

Ein Artikel von 
Alexander Gruber