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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

FAS: Stadtteilzeitung für die Würzburger Sanderau

Studentisches Projekt stärkt Identität und Integration im Stadtteil Sanderau

 © Stadt Würzburg/Steffen Deeg

Die Würzburger Sanderau bekommt eine eigene Stadtteilzeitung: die „Sanderschau“. THWS-Studierende der Sozialen Arbeit entwickelten in einem Projekt mit der Stadt Würzburg eine Zeitung, die nicht nur informiert, sondern zugleich den Zusammenhalt in Zeiten des demografischen Wandels festigen soll.

Veröffentlicht am 05.03.2024

Nach mehreren Monaten intensiver Arbeit war es so weit. Der innenstadtnahe Stadtbezirk Sanderau bekam im Juli 2023 mit der „Sanderschau“ ein eigenes Stadtteilmagazin. Bachelorstudierende aus dem vierten Semester Soziale Arbeit erarbeiteten die Zeitung mit Prof. Dr. Dieter Kulke von der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften (FAS) in Zusammenarbeit mit der Stadt Würzburg.

Das studentische Projekt wurde in der Lehrveranstaltung „Praxisbezogenes Projekt“ entwickelt. Die Studierenden erkundeten den Stadtteil, führten Interviews mit erfahrenen Quartiersmanagern aus anderen Würzburger Stadtteilen, erarbeiteten ein Konzept für die Zeitung, produzierten Texte und machten Fotos. Neben Dozent Prof. Dr. Kulke war Steffen Deeg von der Stadt Würzburg als Berater in das Projekt involviert. Die Stadt unterstützte finanziell zudem eine Schreibwerkstatt mit einer Journalistin und finanzierte Endlayout und Druck der Zeitung.

Prof. Dr. Dieter Kulke ist seit 2009 Professor für Soziologie an der THWS und arbeitet eng mit der Stadt Würzburg zusammen (© René Anderl)
Prof. Dr. Dieter Kulke ist seit 2009 Professor für Soziologie an der THWS und arbeitet eng mit der Stadt Würzburg zusammen (© René Anderl)

Auf den ersten Blick erkennt man bei dem Projekt Stadtteilzeitung keinen direkten Bezug zum Studiengang Soziale Arbeit. Allerdings gibt es doch eine klare Verbindung. „Mit der Sozialen Arbeit hängt zusammen, dass die Studierenden in der Lage sind, unterschiedliche Texte zu produzieren, zum Beispiel für Jahresberichte oder für Pressemitteilungen, und eine Sensibilität dafür haben“, erklärt Prof. Dr. Kulke. Ein weiterer Zusammenhang zum Studiengang bestehe durch die Aufgabenfelder Quartiersmanagement und Gemeinwesenarbeit.

Förderprojekt „Demografiefeste Kommune“

Das Projekt Stadtteilzeitung gehört zum Förderprojekt „Demografiefeste Kommune“, zu dem sich die Stadt Würzburg mit dem Stadtteil Sanderau beworben hat. Finanziert wird das Förderprojekt vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (StMFH). „Wir sind eine von mehreren Pilotkommunen in Bayern und die Aufgabe besteht darin, Stadtteile anzuschauen und zu überlegen, wie man sie demografiefest machen kann“, erklärt Steffen Deeg. Es gehe also darum, sie für die großen Veränderungen der Zukunft fit zu machen.

Zu Beginn des Förderprojekts wurde eine Demografie-Analyse des Stadtteils Sanderau durchgeführt, mit der Prof. Dr. Kulke beauftragt wurde. Nach Abschluss der Analyse entstand die Idee, dass die Stadt mit Prof. Dr. Kulke und seinen Studierenden eine Stadtteilzeitung gestaltet. In anderen Würzburger Stadtbezirken wie Heidingsfeld oder der Zellerau gibt es bereits Stadtteilzeitungen, die in der Regel von dem jeweiligen Quartiersmanagement verantwortet werden. „Ziel der Stadt ist es, in jedem Stadtteil ein Quartiersmanagement zu haben. Dann hat man überall ein Handlungsfeld und als Verwaltung eine ganz andere Nähe zu den Menschen vor Ort“, sagt Deeg. Ein Quartiersmanagement kümmert sich um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger des Stadtbezirks und arbeitet eng mit sozialen Einrichtungen und der Stadt zusammen. „In den Landkreisen hat jede kleine Gemeinde einen Bürgermeister und in Großstädten gibt es Stadtteile, die haben über 10.000 Einwohnende, aber unter Umständen nicht mal eine Person im Stadtrat, die die Bedürfnisse von dem Stadtteil formulieren kann“, so Deeg.

Steffen Deeg ist in der Koordination und Sozialplanung im Sozialreferat der Stadt Würzburg tätig und verantwortlich für das Projekt Stadtteilzeitung (© Viktoria Krzyszczyk)
Steffen Deeg ist in der Koordination und Sozialplanung im Sozialreferat der Stadt Würzburg tätig und verantwortlich für das Projekt Stadtteilzeitung (© Viktoria Krzyszczyk)
„Die Ziele sind Information, Identifikation und Integration.“ Prof. Dr. Dieter Kulke

Information, Identifikation und Integration

Durch die „Sanderschau“ erhofft sich die Stadt verschiedene Effekte: „Die Ziele sind Information, Identifikation und Integration“, sagt Prof. Dr. Kulke. „Die Bewohnerinnen und Bewohner, die die Zeitung lesen, sollen über das Geschehen in der Sanderau informiert werden. Der zweite Punkt ist eine stärkere Identifikation mit dem Stadtbezirk herzustellen, indem wir zum Beispiel über die Geschichte des Sanderrasens berichten. Und der dritte Punkt ist die Integration.“ Die Menschen sollten miteinander ins Gespräch kommen und erkennen, dass in der Sanderau etwas passiere, so Prof. Dr. Kulke.

Inwiefern wirkt sich eine Stadtteilzeitung nun auf die Demografiefestigkeit aus? Eine Stadtteilzeitung sorge für eine „Sensibilisierung für Themen verschiedener Altersgruppen“, erklärt Prof. Dr. Kulke. „Zu einer lebenswerten Stadt gehören alle Altersgruppen und alle Gruppen wie Menschen mit Beeinträchtigung oder Menschen mit Fluchterfahrung. Die Menschen sollen durch die Berichte Empathie und Einfühlungsvermögen für andere Lebenswelten entwickeln“, sagt Prof. Dr. Kulke.

In der ersten Ausgabe der „Sanderschau“ ging es unter anderem um den neu eingerichteten Quartiersrat in der Sanderau und das seniorenfokussierte Quartiersmanagement. Der Stadtseniorenrat wurde vorgestellt und es wurde über die Mainwiesen und Konfliktmanagement geschrieben. Außerdem gab es praktische Tipps zum Umgang mit Hitze.

„Zu einer lebenswerten Stadt gehören alle Altersgruppen und alle Gruppen wie Menschen mit Beeinträchtigung, Menschen mit Fluchterfahrung. Die Menschen sollen durch die Berichte Empathie und Einfühlungsvermögen für andere Lebenswelten entwickeln.“ Prof. Dr. Dieter Kulke

Nach dem Druck der ersten Ausgabe der „Sanderschau“ musste die aber auch zu den Bewohnerinnen und Bewohnern der Sanderau gelangen. Dafür setzten sich Prof. Dr. Kulke und Steffen Deeg auf ihre Fahrräder und verteilten die Zeitung persönlich. Dadurch kamen Prof. Dr. Kulke und Deeg direkt ins Gespräch mit den Menschen in der Sanderau – und erhielten ein erstes durchweg positives Feedback. Die kostenlose Stadtteilzeitung wurde unter anderem in Praxen, Apotheken und Geschäften in der Sanderau ausgelegt. Insgesamt wurden von der ersten Ausgabe 2.500 Stück gedruckt.

„Das ist wie eine Push-Nachricht nur auf dem Papier. Die ist einfach da, die sehe ich und die spricht mich an oder die spricht mich nicht an.“ Steffen Deeg

Ein Printmagazin gehört heute in Zeiten des Internets zu den klassischen Medien. Allerdings sieht Deeg in einem Printmedium trotzdem ein sinnvolles Informationsmittel. „Bei Informationen im Internet ist es oft so, dass sie gesucht werden müssen und wenn die Informationen gedruckt vorliegen, dann sucht die Information die Menschen auf“, erklärt Deeg. „Das ist wie eine Push-Nachricht nur auf dem Papier. Die ist einfach da, die sehe ich und die spricht mich an oder die spricht mich nicht an.“ Trotzdem steht die „Sanderschau“ auch als PDF-Ausgabe auf der Webesite der Stadt Würzburg zum Download zur Verfügung. Seit der Winter-Ausgabe ist die Online-Ausgabe auch barrierefrei.

Die Kooperation zwischen Stadt und THWS geht weiter

Prof. Dr. Kulke und Deeg, aber auch die beteiligten Studierenden, ziehen eine positive Bilanz der Kooperation zwischen Stadt und Technischer Hochschule. „Die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften wirkt in die Stadtgesellschaft hinein und hat die Zusammenarbeit zwischen Stadt und THWS verstärkt“, sagt Prof. Dr. Kulke. Nicht nur er, sondern auch seine Studierenden sind mit dem Projekt zufrieden. „Den Studierenden hat gefallen, dass es ein ungewöhnliches Projekt war, in dem man auch seine journalistischen Kompetenzen entdecken konnte und dabei viel über Gemeinwesenarbeit gelernt hat“, ergänzt der Dozent. Auch Deeg ist davon überzeugt, dass die Stadt von der Kooperation profitieren konnte. „Das ist für uns eine gute Möglichkeit, den Studierenden auch zu erzählen, was es bei uns für Arbeitsfelder gibt und welche Themen uns beschäftigen.“

Das Projekt Stadtteilzeitung soll in Zukunft in Kooperation mit der Hochschule fortgeführt werden. Prof. Dr. Kulke ist weiterhin in das Projekt eingebunden. Er plant auch künftig wieder eine Lehrveranstaltung im Studiengang Soziale Arbeit, die sich mit der „Sanderschau“ befasst.

© AdobeStock/netsign

Fokus Grün, Nachhaltigkeit an der THWS

Ein Artikel von 
Viktoria Krzyszczyk