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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Abschlussfeiern: Von Jeans zu Abendgarderobe

Wie sich das Angebot und die Organisation von Abschlussfeiern seit den Anfangsjahren der FHWS verändert haben

 © Rainer Wehner

Früher feierten Studierende ihren Abschluss auf selbstorganisierten Partys – im Keller nebenan oder in den Weinbergen. Heute werden Absolvierendenfeiern von den Fakultäten der FHWS organisiert. Statt Partykeller steht z. B. Walzer tanzen mit dem Dekan auf dem Plan. Das Ziel: den Studierenden einen angemessenen Abschluss zu bieten

Ungezwungene Abschlussfeiern in den 80ziger und 90ziger Jahren

Einige Jahre nach der Gründung der Fachhochschule 1971 gab es die ersten Absolvierendenfeiern. Wenn die Fakultäten kein Fest zum Abschluss anboten, organisierten die Studierenden ihre eigenen Feiern. Eine Informatik-Absolventin des Sommersemesters 1982 erinnert sich: „Eine offizielle Abschlussfeier wurde nicht angeboten, das Zeugnis holten wir im Prüfungsamt ab. Wir organisierten eine private Fete und der Studienabschluss wurde in Jeans im Partykeller gefeiert.“ Bei einem Kunststofftechnik-Absolvent fand die Abschlussfeier im Sommer 1992 in den Weinbergen statt. Die Studierenden arrangierten eine Party, zu der jeder etwas mitbrachte. „Es war eine zwanglose Feier ohne Reden, Professoren waren nicht da.“

Eine Gruppe Informatik-Studierende organisierte Ungewöhnliches: ihren Abschluss im Sommer 1988 feierten sie festlich auf einem Passagierschiff. Im Vorfeld wurden Tickets verkauft. Alle Absolventinnen und Absolventen inklusive Begleitung waren an Bord. Unter den Gästen waren etliche Professoren, erzählt eine ehemalige Studentin. „Auf dem Schiff spielte eine Band, es wurden Reden gehalten und es war ein sehr nobler Rahmen für eine Abschlussfeier.“ Das zeigt, dass es den Absolvierenden wichtig war, dem Studienende einen feierlichen Rahmen zu geben, auch ohne Angebote der Hochschule.  

Fakultätseigene, individuelle Feiern

Heute hat jede Fakultät ein anderes Konzept, um ihre Studierenden zu verabschieden. Die Professorinnen und Professoren der Fakultät Maschinenbau grillen für ihre Absolvierenden. Der Masterstudiengang Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation hat die Absolvierendenfeier 2019 in das fakultätseigene Sommerfest eingebunden und würde das gerne wiederholen. Die Fakultät Gestaltung verbindet die offizielle Verabschiedung ihrer Absolvierenden mit der Semesterausstellung „Bergwerk“. Der Studiengang Master International Business verabschiedet seine Absolvierenden und begrüßt zeitgleich die Erstsemester auf der Steinburg. Aber nicht alle Studiengänge zelebrieren den Abschluss. So würde der Studiengang Technomathematik, bisher ohne Feier, dies gerne in das FANG-Sommerfest integrieren. Der Studiengang Fachübersetzen verzichtet auf ein Fest, weil bei den Absolventinnen und Absolventen kein ausreichendes Interesse besteht.

Von der Mensa ins Mercure-Hotel

An der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen feiern Bachelor- und Masterabsolvierende gemeinsam das Studienende im Schweinfurter Mercure-Hotel. Nach dem offiziellen Teil folgt die Party. Dekan Professor Dr. Peter Meyer schmunzelt: „Es hat mittlerweile Tradition, dass – sobald die Band zu spielen beginnt – zunächst der Dekan einen Eröffnungswalzer tanzt. Meine Frau und ich freuen uns jedes Jahr darauf und finden es toll, wenn dann die anderen Anwesenden mit einsteigen.“ Das Konzept hat sich über die Zeit verändert. Dekan Meyer erzählt, dass vor seiner Amtszeit die Feier in der Schweinfurter Aula stattfand. Aufgrund schwindender Teilnehmendenzahlen wurde das heutige Konzept entwickelt.

Zitat Dekan Prof. Dr. Peter Meyer: "Es hat mittlerweile Tradition, dass – sobald die Band zu spielen beginnt – zunächst der Dekan einen Eröffnungswalzer tanzt."

Planung teils in studentischer Hand

Die Organisation von Abschlussfeiern lag früher oft in studentischer Hand – heute dagegen beim Dekanat der Fakultäten. Bei einigen Feiern sind Studierende beteiligt und ausdrücklich erwünscht. Die Fakultät Gestaltung stellt jedes Semester das „Bergwerk-Team“ aus Studierenden zusammen. Zusammen mit der Fakultätsleitung organisieren diese die Ausstellung inklusive Verabschiedung. Ob es wohl Vorteile bringt, Studierende in die Planung einzubinden? Einige Fakultäten organisieren ohne Beteiligung Studierender. „Ich könnte mir vorstellen, dass künftig noch mehr die Vorstellungen der Studierenden in die Gestaltung und den Ablauf miteinfließen werden“, sagt Dekan Meyer. „Ob dadurch eine stärkere Verbindung zur Hochschule aufgebaut wird, kann ich nicht abschätzen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Intensität der Verbindung vom jeweiligen Studierenden abhängig ist.“ Wenn Studierende sich engagieren möchten, z.B. in Form von Reden, wird das laut Professor Dr. Wehner berücksichtigt.

Die Einführung von Talaren – Kehrtwende der 68er?

„Bei den letzten beiden akademischen Feiern zur Zeugnisverleihung des Studiengangs BWL haben die Studierenden darum gebeten, Talare tragen zu dürfen“, erzählt Dekan Professor Dr. Axel Bialek. Auch die Absolvierenden des Masterstudiengangs Marken- und Medienmanagement tragen Talare – wovon sich einst die 68er-Bewegung bewusst distanzierte. Ob die Studierenden die Tracht als Symbol für eine alte Ordinarienuniversität betrachten?
Gegen die Strukturen solcher Universitäten kämpften die 68er. Damals machten zwei Hamburger Studenten mit dem Transparent „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“ Schlagzeilen. Die 68er-Revolte brachten eine Kehrtwende der damaligen studentischen Strukturen. Die Hochschulen wurden demokratisiert und auch für die unteren sozialen Schichten geöffnet. Damit verschwanden meist die Talare. Heutzutage aber sind sie wieder gern gesehen. „Ich denke, dass es Ausdruck des Wertewandels und damit ein Generationenthema ist“, meint Dekan Axel Bialek über den studentischen Talar-Wunsch. „Ich bringe das damit in Zusammenhang, dass auf Formen und Konventionen wieder mehr Wert gelegt wird.“ Die Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen verzichtet laut Dekan Meyer bewusst auf die Tracht.

Absolvierende der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen
Die Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler freuen sich jedes Jahr auf ihre Abschlussfeier. (© Simone Friese)

Bindung zur FHWS stärken

Die Intention der Fakultäten hinter den Abschlussfeiern ist es, die Bindung von Studierenden an die Hochschule zu festigen. Die Absolvierenden sollen würdig verabschiedet werden. „Wir haben diese Studierenden jahrelang ausgebildet“, so Dekan Meyer. „Ich finde es schade, wenn man die Leute nach Beendigung des Studiums einfach so wegschickt, nach dem Motto ‚Hier dein Zeugnis und Tschüss‘“. Die Fakultäten möchten Absolvierenden durch Abschlussfeiern Möglichkeiten bieten, Kontakte aufzubauen und Netzwerke zu erweitern. Einige Fakultäten laden Alumni ein, um Wiedersehen und Vernetzen zu ermöglichen. Zudem soll damit auch das Netzwerk zwischen Hochschule und Wirtschaft gestärkt werden.

Besonders gute Studierende werden an der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen mit Preisen ausgezeichnet.
Besonders gute Studierende werden an der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen mit Preisen ausgezeichnet. (© Simone Friese)
-	Foto 3 (c Simone Friese): An der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen feiern Absolvierende gemeinsam das Studienende im Schweinfurter Mercure-Hotel.
An der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen feiern Absolvierende gemeinsam das Studienende im Schweinfurter Mercure-Hotel. (© Simone Friese)

Absolvierende als Sprachrohr

Außerdem sollen Absolvierende als Botschafter der Hochschule auftreten – vor allem nach dem Fest. Sie repräsentieren weiterhin die FHWS, indem sie sich positiv äußern und über ihre Erfahrungen berichten. Wenn bei den Absolvierenden Interesse besteht, können sie Studierende über Praktika in Unternehmen einladen oder für Schulbesuche über eine Datenbank zur Verfügung stehen.

Verschiedene Feiern, gleiches Ziel

Die studentisch organisierten Feiern in den Anfangsjahren der FHWS zeigen, dass die Studierenden den akademischen Abschluss würdigten. Sie zelebrierten ihr Studienende, auch wenn die Hochschule dafür keinen Rahmen bot. Heute kommt der Wunsch der Fakultäten hinzu, die Absolvierenden feierlich zu verabschieden. So wandelten sich die studentisch organisierten Partys in den Anfangsjahren der Hochschule in festlich gestaltete Feierlichkeiten. Jedoch wurde und wird, ob in rein studentischer Hand oder durch die Angebote der Hochschule, stets ein klares Ziel verfolgt: das Geleistete zu würdigen.

Profilfoto Lea Reuter

Ein Artikel von 
Lea Reuter