Seit über zehn Jahren arbeitet die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt mit Gymnasien in der Region zusammen, um diese bei der Durchführung von P- und W-Seminaren mit Ideen, Equipment und Know-how zu unterstützen. Doch wie läuft die Zusammenarbeit ab – und warum gibt es diese Kooperation überhaupt?
Veröffentlicht am 10.10.2024
Ein Digitaltreff im November, Projekttage im Dezember und ein Barcamp im Sommer. Im P-Seminar „Revolution der Digitalität“ steht einiges an für die elfte Klasse des Deutschhaus-Gymnasiums in Würzburg. Und wie es in einem P-Seminar üblich ist, stehen hier die Schülerinnen und Schüler in der Pflicht. Es gilt, selbstständig Informationen zu recherchieren und so aufzubereiten, dass diese anderen präsentiert werden können. Denn die Oberstufenschülerinnen und -schüler recherchieren nicht nur für sich, sondern vor allem für die jüngeren Jahrgangsstufen, denen die „Großen“ die Inhalte in verschiedenen Veranstaltungen näherbringen sollen. Unterstützt wird das P-Seminar von der THWS. Doch warum hilft die Hochschule bei einem Seminar an einem Gymnasium?
Erster Kontakt zwischen Schülerschaft und Hochschule
„Die THWS will die Schulzusammenarbeit fördern und unterstützt Schulen, wo die Hochschule Möglichkeiten hat und an den Schulen Bedarf besteht“, erklärt Claudia Wegmann, die in der Hochschulkommunikation der THWS für die Zusammenarbeit mit Schulen bei P- und W-Seminaren zuständig ist. „In den P- und W-Seminaren geben wir einen Einblick, was an der Hochschule geboten ist.“ Dies fördere zum einen den Austausch zwischen Hochschule und Schulen und bringe darüber hinaus die Jugendlichen mit der Hochschule in Kontakt. Schülerinnen und Schüler können sich gezielt nach ihren Interessen für die verschiedenen Seminare entscheiden oder ganz neue Interessen entwickeln und diesen nachgehen. Im besten Fall könne die THWS so Schülerinnen und Schüler von sich überzeugen und für ein Studium an der THWS begeistern. Wegmann ergänzt: „Wie sich die Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Gymnasium im Konkreten darstellt, ist von Seminar zu Seminar unterschiedlich und entwickelt sich im Rahmen des jeweiligen Projekts.“
P-Seminar "Revolution der Digitalität"
In Zusammenarbeit mit der THWS, Medienscouts und P-Seminaren aus dem Bereich Digitalität anderer unterfränkischer Gymnasien fand beispielsweise im November der sogenannte Digitaltreff statt. Hier wurden den Teilnehmenden Vorträge und Workshops unter anderem zu den Themen Fake News und ChatGPT angeboten - wichtige Inhalte für das weitere Seminar. Denn wenige Wochen später standen am Deutschhaus-Gymnasium bereits die Projekttage „Augen auf im Internet“ vor der Tür. Am Deutschhaus-Gymnasium schon traditionell informierten die Schülerinnen und Schüler des P-Seminars die gesamte sechste Jahrgangsstufe über verschiedene Aspekte sinnvoller und gefahrloser Internetnutzung. Dafür bereiteten die Seminarteilnehmer eigene Unterrichtseinheiten vor und schlüpften so in die Lehrer-Rolle. Dieses Jahr drehte sich alles um die Themen Cybermobbing, soziale Netzwerke, Fake News und ChatGPT, Computerspiele, Zeitmanagement und Datenschutz. Am Ende der Veranstaltung war die Aufgabe der Sechstklässler die Erstellung eines Films am iPad.
Für die achten Klassen organisierten die Seminarteilnehmer ein Barcamp zum Thema „Meine digitale Welt“. An einem Vormittag diskutierten alle Teilnehmenden des Barcamps zu selbst gewählten oder sogar selbst vorgeschlagenen Session-Themen. In diesem Jahr lag der Fokus auf Themen rund um Künstliche Intelligenz, z. B. Medizin und KI, Manipulation durch KI oder autonomes Fahren.
Eine Stärke des P-Seminars, das seit 2011 am Deutschhaus-Gymnasium angeboten wird, ist die jährliche Neuausrichtung der Themen. „Vor zehn Jahren stand Facebook noch im Mittelpunkt des Seminars. Heute ist das Netzwerk für die Schülerinnen und Schüler eigentlich nicht mehr interessant“, so Wegmann. Durch das Engagement der Lehrkräfte Brigitte Greiner und Margarete Klement und die Zusammenarbeit mit der Hochschule werde jedoch stets ein aktuelles Programm angeboten. Und hinter der Organisation stecke jede Menge Arbeit: „Deswegen sind wir auch zu zweit“, erklärt Brigitte Greiner.
Doch nicht nur Wissen soll mit dem Seminar vermittelt werden. Durch das eigene Herausarbeiten von Themenschwerpunkten und das Vorbereiten und Halten von Unterrichtsstunden nehmen die Schülerinnen und Schüler noch mehr mit. Freies Sprechen vor großen Gruppen, Auftreten und Präsentieren können die Teilnehmenden in diesem Seminar ausprobieren und üben.
Zusammenarbeit zwischen THWS und Gymnasien
Es gibt zwei Herangehensweisen, wie Schulen in ihren W- und P-Seminaren mit der THWS zusammenarbeiten können. „Zum einen haben wir einen Katalog mit rund zehn Projektideen unserer Fakultäten entwickelt“, berichtet Claudia Wegmann. Die Angebote der Seminare richten sich nach den Unterrichtsfächern in der Schule. Die Projekte reichen über „Verbesserung der Akzeptanz von technischen Projekten in der Bevölkerung“ über „Social Media Behaviour - ein Verhaltenskodex für Schülerinnen, Schüler und Studierende im Umgang mit sozialen Netzwerken“ bis hin zu „Was haben Müllprodukte mit Fotografie und Gestaltung zu tun“. Der Katalog wurde an den Schulen der Region verteilt und ist digital auf der Homepage der THWS verfügbar. Lehrerinnen und Lehrer können sich hier Ideen aussuchen und in Zusammenarbeit mit den Fakultäten umsetzen. Das Engagement der Professoren und Lehrkräfte der Hochschule ist in diesem Fall ehrenamtlich.
Bei der anderen Herangehensweise werden die Ideen bereits an den Schulen entwickelt und an die THWS herangetragen. Die Hochschule fungiert in diesem Fall als externer Partner und unterstützt mit Equipment, Gerätschaften und Fachwissen. „Seit diesem Jahr werden auch Interviews mit externen Partnern empfohlen, um tiefere Einblicke in die Arbeit der Projektpartner zu bekommen“, erklärt Wegmann. Die Seminare sind ideal, um Dozierenden oder Studierenden im informellen Austausch direkt Fragen zu stellen, um so einen konkreten Einblick ins wahre Studienleben zu erhalten.
Wie die Zusammenarbeit mit der Hochschule und die Gestaltung der Seminare dann in der Praxis tatsächlich abläuft, entscheiden die Teilnehmenden selbst. „Es gibt hier keinen festgelegten Fahrplan, was abgedeckt werden muss“, so Wegmann. „Inhalt und Umfang können frei entschieden werden.“
P-Seminar: Praktisch für Teens, Schule und Hochschule
Durch die Zusammenarbeit der THWS mit verschiedenen Gymnasien in der Region profitieren Schülerschaft, Schulen und Hochschule gleichermaßen. Die Schulen haben einen starken Partner, der Equipment und Know-how zur Verfügung stellen kann und außerdem Themenvorschläge für Seminare liefern oder ausarbeiten kann. Von der Zusammenarbeit profitieren ebenfalls die Schülerinnen und Schüler. Sie erhalten zusätzlich tiefere Einblicke in das Hochschulleben - und das über einen längeren Zeitraum. Nicht zuletzt hat auch die Hochschule Vorteile durch die Kooperationen: Sie kann an potenzielle künftige Studierende herantreten und ihnen ihr Angebot näherbringen - und das in äußerst hoher Qualität. „Es ist sozusagen eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten“, zieht Claudia Wegmann Bilanz.
Was sind W- und P-Seminare?
Um das Abitur zu bestehen, müssen Schülerinnen und Schüler am Gymnasium einige Hürden nehmen. Neben Prüfungen, Vorträgen und Abfragen warten in der elften Klasse zwei Seminare auf die künftigen Abiturientinnen und Abiturienten - das W-Seminar und das P-Seminar. Das „P“ steht für Projekt, „W“ steht für „Wissenschaftspropädeutisch“. Beide Seminare haben ihr definiertes Ende am Ende der elften Klasse. Im W-Seminar wird eine wissenschaftliche Arbeit zu einer gewissen Thematik erstellt und anschließend vorgestellt. Im P-Seminar hingegen gibt es ein grob vorgegebenes Projekt, das die Schülerinnen und Schüler frei wählen können. Die Schüler organisieren und führen das gewählte Projekt anschließend selbst durch. In den Projektseminaren wird häufig mit externen Partnern zusammengearbeitet, die bei der Durchführung unterstützen - die THWS ist für zahlreiche Seminare in der Region so ein Partner.