Im Schnitt werden rund 37 Prozent der Unternehmen von Frauen gegründet. Zu dieser Gruppe gehört auch Katharina Rudolph, die 2019 das Label traditela ins Leben gerufen hat. Für viele Studierende ist ein eigenes Unternehmen oft noch ein Wunschtraum – die THWS unterstützt sie durch verschiedene Beratungsangebote
Veröffentlicht am 17.10.2023
Katharina Rudolph (oben im Bild links) ist 28 Jahre alt, studiert im achten Semester Medienmanagement an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) – und sie ist bereits Unternehmerin. Zusammen mit ihrer Schwester Theresa hat sie nämlich traditela gegründet, ein Modelabel für Taschen, Fliegen und andere Accessoires. Einzigartig sind die Stoffe, aus denen die Produkte gefertigt werden: Trachtenstoffe aus Spanien und Bayern, französische Stoffe und schottischer Tartan. „Unsere Intention ist es, zu zeigen, wie wunderschön und bereichernd andere Kulturen sind und dass man auch auf die eigene stolz sein darf“, erklärt Katharina.
Von der Idee zur Umsetzung
Die Idee für traditela lieferte zunächst ihre Schwester Theresa, die nach ihrem Abitur ein Studium in Spanien begann. Dabei wohnte sie den Fallas bei, einem traditionellen Frühjahrsfest in Valencia. „Sie war so begeistert von den prunkvollen Trachten der Menschen, dass sie sich als Erinnerung eine Tasche aus einem solchen Stoff nähen wollte“, erinnert sich Katharina.
Außerdem engagierten sich die beiden Schwestern damals ehrenamtlich für Geflüchtete, unter denen viele Schneiderinnen und Schneider gewesen seien, die in Deutschland keine Anstellung finden konnten und deshalb hätten umschulen müssen. Dieses Problem wollten Katharina und Theresa lösen – und so entsteht das Konzept für traditela. Für die Produktion beschäftigen sie heute die beiden afghanischen Schneiderinnen Parisa und Siwita, die die Fertigung der Textilprodukte übernehmen.
Bis die Schwestern 2019 ihr Unternehmen offiziell gründeten, durchliefen sie einige Entwicklungsphasen. „Wir haben uns einmal pro Woche getroffen, verschiedene Schnittmuster ausprobiert, rumgetüftelt und vieles wieder verworfen“, erzählt Katharina. „Am Ende sind dann ein paar simple, aber dennoch durchdachte Produkte entstanden.“ Auf ihrem ersten Markt erhielten sie sehr viel positive Resonanz. Das motivierte sie, weiterzumachen.
Die Finanzierung übernahmen die beiden Gründerinnen selbst und steckten je ein paar tausend Euro aus der eigenen Tasche in Stoffe und Betriebsmittel. Sie erhielten sogar ein attraktives Investitionsangebot, das sie allerdings ablehnten: „Es war ehrenvoll, dass jemand an unser Unternehmen geglaubt hat, aber wir wollten uns nicht von unserem Weg abbringen lassen“, sagt Katharina. Sie erzielen auch ohne die Finanzspritze erste Gewinne. Diese werden sofort reinvestiert – unter anderem in neue Nähmaschinen.
Wie die THWS Gründungsinteressierte unterstützt
Das Studium sei der perfekte Zeitpunkt für eine Unternehmensgründung, findet Katharina: „Als junger Mensch hat man noch nicht so viele Verpflichtungen, und gerade an einer Universität oder Hochschule gibt es viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden und mit anderen auszutauschen.“ Katharina erarbeitete innerhalb eines Hochschulprojekts eine ganze Marketing-Kampagne für traditela. Im Wintersemester 2022/23 nahm sie am Allgemeinwissenschaftlichen Wahlpflichtfach (AWPF) „gründen@thws“ teil, an dem ihr vor allem das Networking gefallen hat: „Es war toll, so viele Gleichgesinnte dort kennenzulernen.“
Leiter von „gründen@thws“ ist Dr. Felix Liedel vom Projektteam EntrepreneurSHIP@THWS. „Als 2013 die Gründungsberatung der Hochschule ins Leben gerufen wurde, entstand die Idee, zusätzlich ein interdisziplinäres Lehrformat anzubieten, welches alle Studierenden als AWPF belegen können“, erklärt Liedel. Ziele der Vorlesung seien Sensibilisierung und Qualifizierung: „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es mehr als den Karriereweg ‚Angestelltenverhältnis‘ gibt und auf die Option der Selbstständigkeit hinweisen.“ Viele könnten damit alleine aber noch nicht viel anfangen, meint Liedel. „Deshalb wollen wir den Studierenden parallel das Handwerkszeug mitgeben und neben betriebswirtschaftlichen Grundlagen auch Soft Skills wie kreatives Denken und Problemlösung fördern.“
Heute ist die Vorlesung eingebunden in eine Qualifizierungsjourney, bestehend aus drei Veranstaltungsreihen, die separat oder kombiniert als AWPF besucht werden können. Die erste Etappe bildet ein dreitägiger Intensiv-Kurs zu Design Thinking und Ideenfindung, der jeweils gegen Ende der Sommerferien stattfindet. Diesen leitet Michael Sabah vom Zentrum Digitale Innovation. Im Wintersemester geht es dann weiter mit dem eher theoriebasierten „gründen@thws“ mit Felix Liedel. Dabei sollen sich die Studierenden ein fächerübergreifendes Grundwissen aneignen und parallel einen Businessplan für eine halb-fiktive Gründungsidee ausarbeiten.
Abgerundet wird die Journey durch das Praxis-AWPF „5 Euro StartUp“ mit Michael Kriegel, der neben seinen Tätigkeiten für das EntrepreneurSHIP-Team auch an der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen lehrt. Die Studierenden erhalten dabei fünf Euro Startkapital für eine echte Unternehmensgründung: „Das Unternehmen existiert dann in Form einer GbR auf Zeit“, erklärt Liedel. „Am Ende des Semesters können die Studierenden entscheiden, ob sie es weiterverfolgen möchten.“
Entrepreneurship ist noch überwiegend männlich
Der Frauenanteil bei „gründen@thws“ liege durchschnittlich bei einem Drittel, sagt Felix Liedel. Das entspricht in etwa dem Anteil, den Frauen in Deutschland insgesamt unter den Gründenden stellen: Laut einer KfW-Studie zum Thema „Female Entrepreneurship“ wurden im Jahr 2022 rund 37 Prozent der Unternehmen von Frauen gegründet. Noch größer ist die Geschlechterlücke bei Start-ups, also bei jungen, (technologisch) innovativen Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial. Hier liegt der Frauenanteil lediglich bei 19 Prozent. Die KfW-Studie führt diese Ergebnisse vor allem auf kulturelle Rahmenbedingungen wie Geschlechterstereotype zurück: Männer schätzten sich im Schnitt als risikofreudiger ein als Frauen, und das habe großen Einfluss auf die Gründungsneigung. Wie ausgeprägt die Risikopräferenzen einer Person sind, ist dabei laut der KfW-Studie nicht erblich bedingt, sondern durch die Erziehung angelernt.
Katharina Rudolph und ihre Schwester bevorzugten bislang eher ein kontrolliertes Unternehmenswachstum: „So konnten wir jeden Schritt planen und uns mit anderen austauschen – als junger Mensch geht man mit dem wenigen eigenen Geld vielleicht auch etwas vorsichtiger um.“
In diesem Zusammenhang beobachtet Katharina auch, dass sie als eher zurückhaltende Frau tendenziell unterschätzt werde: „Wenn ich von unserem Konzept erzähle, sind die Leute manchmal überrascht, dass das tatsächlich Hand und Fuß hat – das wird mir so auf Anhieb oft nicht zugetraut.“ Aus diesem Grund rät Katharina zu mehr Selbstbewusstsein: „Man muss dahinterstehen und darüber reden, um andere für die eigene Sache begeistern zu können.“
Speziell für Gründerinnen
Auch die THWS möchte gründungsinteressierte Studentinnen ermutigen, ihre Ideen umzusetzen, und sie auf ihrem Weg unterstützen. Deshalb gibt es Angebote wie das „GründerinnenCafé“, bei dem sich weiblich gelesene Personen zum Netzwerken treffen können. Oder Veranstaltungen wie die virtuelle Konferenz „Female Founders“, bei der Gründerinnen von den Hürden und Learnings ihrer Gründungserfahrung erzählen und sich von erfahrenen Unternehmerinnen inspirieren lassen können. Generell wolle man mit sämtlichen Angeboten Studentinnen in allen Fachbereichen ansprechen, sagt Dr. Felix Liedel: „Daran arbeiten wir, und da möchten wir noch besser werden. Wir wünschen uns ausdrücklich, dass alle ihre Ideen äußern und diese auf den Tisch bringen.“