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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Das neue Technologietransferzentrum Haßfurt kommt

Mit Smart Polymer Pipes in die Zukunft

 © Magdalena Zipf

Nachhaltig und zukunftsorientiert: So will die THWS die Kunststoff-Forschung vorantreiben, und zwar mit einem neuen Technologietransferzentrum in Haßfurt. Dort können Studierende bald anwendungsbezogen und praktisch forschen. Zusammen mit der Industrieregion Haßberge wird die THWS zum Treiber für Innovationen.

Veröffentlicht am 02.08.2023

„Ein TTZ ist ein Forschungsinstitut einer Hochschule, was gezielt in einer Region aufgebaut wird, in der eine entsprechend hohe Dichte an Industrieunternehmen mit einem bestimmten Schwerpunkt vorzufinden ist”, erklärt Prof. Dr.-Ing. Johannes Krückel. Der ehemalige THWS Student kehrt zurück an seine alte Hochschule – als Professor des Studiengangs Kunststoff- und Elastomertechnik. Als Stiftungsprofessor verbindet er die Hochschule mit dem neuen Technologietransferzentrum Haßfurt, kurz TTZ-HAS. Die Forschungsschwerpunkte in Haßfurt drehen sich hauptsächlich um Rohre und Wellrohrextrusion. Deswegen war das Technologiezentrum auch kürzlich noch unter dem Kürzel TTZ SPPS – für „Smart Polymer Pipe Solutions“ – bekannt.

Als neue Stätte für zukunftsorientierte Kunststoff-Forschung ist die Region um das aufstrebende TTZ nur allzu gut geeignet. Die MainPost bezeichnete die Haßberge bereits als das Silicon Valley für Kunststoff. Immerhin ist dort etwa ein Drittel der Kunststoffrohrbranche Deutschlands angesiedelt. Es befänden sich viele namhafte Rohrhersteller in der Region, insbesondere für Wellrohre, so Krückel. „Unser Ziel und unser Wunsch ist es, eng und gemeinschaftlich mit Industriefirmen zusammenzuarbeiten, damit aus den Forschungsthemen schließlich Innovationen entstehen”, fasst der Stiftungsprofessor das übergeordnete Ziel des TTZ zusammen.

Portraitbild Prof. Dr.-Ing. Johannes Krückel
Stiftungsprofessor Prof. Dr.-Ing. Johannes Krückel (© Magdalena Zipf)

Ein neues TTZ wächst heran

Zurzeit steckt der Aufbau des TTZ-HAS allerdings noch in den Kinderschuhen. Um möglichst schnell in die Forschungsthemen rund um Kunststoffinnovationen einsteigen zu können, braucht man zuallererst Ausstattung und Equipment: „Vieles an unseren Forschungsthemen wird experimentell gemacht“, erläutert Krückel. „Das heißt, wir brauchen entsprechende Kunststoffverarbeitungsmaschinen und Extrusionsmaschinen, um Rohre herstellen zu können.”

Unterstützt wird der Stiftungsprofessor von Tim Schülein, graduierter Masterstudent der Kunststoff- und Elastomertechnik. Gemeinsam mit Krückel stellt er das junge Projekt auf die Beine. Finge man von null an, die Forschungsmatrix eines solchen Technologietransferzentrums aufzubauen, könne man direkt absehen, was wirklich gebraucht werde, meint Schülein. Er führt dazu weiterhin aus: “Fehler, die man aus der Industrie kennt, werden gleich am Anfang eliminiert.” Denn für einen effizienteren Ablauf zukünftiger Forschungsarbeit hilft es natürlich, wenn alles digital abgewickelt werden kann und keine unnötige Zettelwirtschaft entsteht.

Damit das TTZ-HAS seine Arbeit aufnehmen kann, müssen Schülein und Krückel aktuell noch viel organisieren. Dazu gehört es, Ausschreibungen zu machen und Fördermittel zu klären, aber auch zu den Rohrhersteller-Firmen aus der Region Haßberge zu fahren und mit ihnen in Austausch zu treten. Krückel sagt: „Am Anfang arbeitet man an vielen Dingen parallel und gleichzeitig, um möglichst schnell in Forschungsthemen einsteigen zu können.” Aktuell in den Startlöchern stehe beispielsweise ein Forschungsantrag zum Thema Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft.

Zitat von Prof. Dr.-Ing. Johannes Krückel: „Es bringt einen sehr großen Beitrag, wenn wir es schaffen, die Entwicklungen und Innovationen aus einem TTZ als Produkte in die Industrie zu übertragen.”

Die Bedeutung eines TTZ für die Forschung und darüber hinaus

Letztendlich sollen mit TTZ wie jenem in Haßfurt zukunftsorientierte Technologien vorangetrieben werden. Schülein und Krückel sind sich auch hier einig, dass ein Technologietransferzentrum wie das in Haßfurt große Bedeutung für die jeweilige Region hat. „Es wird hier aktuell sehr viel vom Freistaat in verschiedene Regionen investiert, um TTZs und damit die Forschungskapazitäten an deutschen Hochschulen beziehungsweise für angewandte Wissenschaften zu verstärken”, so Krückel. Es ziele hauptsächlich darauf ab, die Innovationskraft in mittelständischen Unternehmen zu stärken und auch dem Fachkräftemangel insbesondere in ländlichen Regionen entgegenzuwirken.

Mit dem Forschungsschwerpunkt rund um das Rohr wird das TTZ-HAS große Wirkung zeigen. Nicht nur bei der Weiterentwicklung der Kunststoffverarbeitung an sich, sondern auch bei Themen wie intelligenten Rohrsystemen. Diese sind wichtige Pfeiler nachhaltiger und effizienter Technologie, vor allem, wenn man an Smart Homes und Energieersparnis denkt. „Es bringt einen sehr großen Beitrag, wenn wir es schaffen, die Entwicklungen und Innovationen aus einem TTZ als Produkte in die Industrie zu übertragen”, informiert der Stiftungsprofessor. Letztendlich würden solche Rohrsysteme und ihre positiven Auswirkungen auch bei den Menschen Zuhause ankommen.

Schülein merkt dazu an: „Die Kunststofftechnik ist immer ein bisschen in Verruf, aber sie hat viel Potenzial und das müssen wir nutzen.” Es ist wichtig, dass auch innerhalb der Hochschule Innovationen für Nachhaltigkeit vorangetrieben werden. Ab Oktober dieses Jahres ändern sich deshalb zusätzlich die Inhalte von Krückels und Schüleins ehemaligem Studiengang. Der Name bleibt zwar gleich, aber viele bisherige Inhalte werden gestrichen und durch neue, aktuellere Themen aufgestockt. Zukünftig stehen dann Themen wie Recycling und Kreislaufwirtschaft im Vordergrund.

Für zukünftige Studierende der Kunststoff- und Elastomertechnik bietet das TTZ-HAS hervorragende Möglichkeiten. Es verbindet Studium und Industrie und hilft den Studierenden, Kontakte für den Berufseintritt zu knüpfen. Auch Schülein findet die Verbindung des Studiengangs auf mehreren Ebenen hilfreich. Anstatt aus einem Elfenbeinturm heraus zu lehren, versuche man in einem TTZ, die Forschung so anwendungsnah wie möglich zu gestalten. „Es gibt oft ein Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis. Diese Lücke versuchen wir zu schließen”, sagt Schülein. 

Zitat von Tim Schülein: “Die Kunststofftechnik ist immer ein bisschen in Verruf, aber sie hat viel Potenzial und das müssen wir nutzen.”

Vom Studiengang ins TTZ

Studiert man Kunststoff und Elastomertechnik an der THWS, kommt man künftig unweigerlich mit dem neuen TTZ-HAS in Kontakt. Auch Schülein studierte seinerzeit an der Fakultät Kunststofftechnik und Vermessung. Nach seinem Bachelor folgte der Master in Produkt- und Systementwicklung und danach begann er zu promovieren. Neben seinen organisatorischen Tätigkeiten für den Aufbau des TTZ, forscht er für seine Doktorarbeit. Er befasst sich mit dem Einfluss von Recycling auf die Eigenschaften von Kunststoff. Seine Forschungsarbeit macht er unter anderem auch in den Räumlichkeiten in Haßfurt. Alle wichtigen Geräte befinden sich allerdings noch am Röntgenring.

Für andere Interessierte gibt es viele Möglichkeiten, den Weg von der THWS in das TTZ-HAS. Studierende können zum einen während ihres Studiums Kooperationsprojekte und Projektarbeiten mit Industrieunternehmen durchführen. Krückel fügt hinzu, dass es auch möglich sein wird, Abschlussarbeiten am TTZ in Kooperation mit einer Industriefirma zu bearbeiten. Natürlich könne man es auch Schülein gleichtun und wissenschaftlicher Mitarbeiter werden oder für die Doktorarbeit am TTZ forschen. Auch wenn es noch dauert, bis der Aufbau vollendet ist, schaut Krückel jetzt schon gespannt auf die ersten innovativen Projektergebnisse in der nahen Zukunft: „Ich freue mich, mit unseren Studierenden etwas Erfolgreiches aufzubauen.”

Zitat von Prof. Dr.-Ing. Johannes Krückel: “Ich freue mich, mit unseren Studierenden etwas Erfolgreiches aufzubauen.”
Labor am Röntgenring
Labor am Röntgenring (© Magdalena Zipf)

 © Magdalena Zipf

Der Plastik-Fleischwolf

Um zu verstehen, wie sich Recycling auf die Eigenschaften von Kunststoff auswirkt, wird der Recycling-Prozess simuliert. Dafür braucht man einen Extruder. Wie durch einen Fleischwolf wird der Kunststoff durch dessen Förderschnecke geschickt und das mehrmals. Dabei herrschen hohe Temperaturen und physikalische Kräfte, welche die spaghetti-artigen Moleküle des Kunststoffs auseinanderreißen. Mit diesem zeitaufwendigen Prozess erhofft man neue Erkenntnisse zur Kreislaufforschung zu gewinnen.

Zur Website des Technologietransferzentrum Haßfurt

Ein Artikel von 
Magdalena Zipf