Indien ist wahrscheinlich nicht das erste Land, an das Studierende der THWS denken, wenn sie ein Auslandssemester planen. Dabei bietet dieses Land eine vielfältige und spannende Kultur - und auch zahlreiche Herausforderungen.
Veröffentlicht am 07.06.2024
Heilige Kühe, scharfes Essen und Bollywood - das sind nur einige der zahlreichen Klischees, die in den Köpfen vieler Menschen aus dem westlichen Teil der Welt auftauchen, wenn sie an Indien denken. Und doch ist dieses ferne Land so viel mehr: Mit mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern ist es nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde. Kein Wunder, dass hier verschiedenste Kulturen und Sprachen aufeinandertreffen.
Die THWS pflegt Partnerschaften mit zwei Universitäten im Süden des Subkontinents: Im Rajagiri College of Social Sciences werden vor allem Kurse für den Studiengang Soziale Arbeit angeboten. Die Hochschule befindet sich in der Großstadt Kochi. Das Christ College in Bangalore wiederum befindet sich in der drittgrößten Stadt Indiens und ist vor allem für Studierende der Fakultät Informatik und Wirtschaftsinformatik geeignet. Jedes Jahr findet zudem in Kooperation mit dieser Hochschule für THWS-Studierende eine Exkursion im Rahmen des „India Gateway Program“ statt. Der Unterricht findet in beiden Hochschulen auf Englisch statt, der Amtssprache Indiens.
Zu den Studierenden, die das Abenteuer Ausland in Indien gewagt haben, gehört Ruben Oesterle. Er wollte sein Auslandssemester in einem anderen Kulturkreis absolvieren und hat im Wintersemester 2022/23 am Rajagiri College of Social Sciences studiert. Von den angebotenen Partnerhochschulen hatte ihn Indien am meisten interessiert.
Organisation mit Stolpersteinen
Organisatorisch hat prinzipiell alles gut funktioniert: Sowohl Essen als auch Unterkunft werden am College gegen eine Gebühr gestellt - und es ist auf jeden Fall ratsam, dieses Angebot auch anzunehmen. Allerdings ist es wichtig, sich nicht nur auf andere zu verlassen, sondern auch Eigeninitiative zu zeigen: "Man muss aktiv nachfragen, um Informationen zu erhalten", sagt Ruben. "Aber wenn man das macht, sind sie zumindest an meiner Hochschule gerne bereit, einem zu helfen und zu unterstützen." Ruben hatte sein eigenes Zimmer mit Klimaanlage in einem Haus mit anderen Kurzzeitstudierenden.
Der komplizierteste Organisationsfaktor ist das Visum. Der Prozess ist sehr aufwändig: Man benötigt diverse Dokumente – und die Kommunikation mit der Botschaft in Indien verläuft nicht immer reibungslos. Deshalb ist es sehr wichtig, sich frühzeitig mit der Thematik zu befassen.
Das Leben am Rajagiri College in Kochi
Am Rajagiri College in Kochi gibt es zahlreiche Auslandsstudierende, vor allem aus Afrika. Diese absolvieren meist ihr gesamtes Studium in Indien. Studierende, die lediglich ein Semester an der Hochschule verbringen, zählen als Kurzzeitstudierende. Die Kurse am College finden auf Englisch statt und werden am Ende in der regionalen Sprache zusammengefasst. Oft ist die Kommunikation innerhalb der Hochschule nicht so, wie man es in Deutschland gewohnt ist. So kann es passieren, dass man erst fünf Minuten vorher erfährt, dass die eigentlich ausfallende Vorlesung doch stattfindet.
Was das Essen in der Mensa angeht, sollten sich vor allem vegan oder vegetarisch lebende Studierende vorher informieren: Die indische Küche ist zwar für zahlreiche vegane Gerichte bekannt, aber die Gerichte am Rajagiri College sind sehr fleischlastig. Austauschstudierende müssen jedoch nicht zwangsläufig in die Mensa gehen.
„Wenn man ein Auslandssemester in Indien beziehungsweise in Südindien macht, sollte man sich auf jeden Fall auf Herausforderungen freuen - und damit rechnen, mit schwierigen Situationen konfrontiert zu werden und diese dann eben auch meistern zu können und daran zu lernen. Man muss bereit sein, sich auf eine andere Kultur einzulassen, aber wenn man all diese Voraussetzungen hat, kann ich das schon auch sehr empfehlen“, sagt Ruben. Während seines Auslandssemesters begegneten ihm neben Herausforderungen auch sehr viele schöne Erlebnisse. Beispielsweise unternahm er mit Freunden einen Trip in den Bundesstaat Goa oder auch kleinere Ausflüge, zum Beispiel zu einer Bergstadt. Er war auch auf mehreren Konzerten, die er sehr aufregend fand.
Indische Studierende in Deutschland
Interessant ist auch, wie Studierende aus Indien das Studium in Deutschland empfinden. Aryan Bajaj studiert seit 2018 den Bachelorstudiengang Business and Engineering an der THWS. Das Bildungssystem hierzulande hat ihn überzeugt. Denn in Indien herrscht sehr viel Konkurrenz zwischen den Studierenden. Allein um bei einer guten Universität genommen zu werden, muss man zu den Besten der Besten gehören.
In Deutschland gab es dennoch einige Herausforderungen für Aryan. Neben einer völlig anderen Küche, der Tatsache, dass Supermärkte am Sonntag geschlossen sind und dem viel kälteren Klima gibt es auch Schwierigkeiten, die nicht nur im ersten Moment etwas ungewohnt, sondern auch sehr unangenehm sind. So ist es für Studierende aus dem Ausland schwieriger, eine Wohnung zu finden, was nicht zuletzt an der sprachlichen Barriere liegt. Zwar wird er als Studierender meistens akzeptiert, dennoch erlebt er es nicht selten, dass Menschen ihm zunächst mit Vorurteilen begegnen.
FWPM "India Gateway Program"
Wer nicht gleich ein halbes Jahr in Indien verbringen möchte, kann im Rahmen des fachwissenschaftlichen Wahlpflichtmoduls "Software Industries, Education and Economy in India" - kurz India Gateway Program genannt - einen kleinen Einblick in die indische Kultur bekommen. Das Programm wird jährlich angeboten und existiert bereits seit 2009. Dabei handelt es sich um eine Zusammenarbeit der THWS mit der Christ University in Bangalore. Bachelorstudierende der Fakultät Informatik und Wirtschaftsinformatik, die sich im dritten Semester befinden, sind besonders geeignet für dieses Programm. Die Studierenden lernen in einem wöchentlichen Seminar die Geschichte, Kultur, Politik und IT-Industrie Indiens kennen. Zusammen mit indischen Austauschstudierenden werden Projekte erarbeitet, in denen man sich mit technischen Themen befasst. Die finale Präsentation findet schließlich an der Christ University in Bangalore statt. Dies geschieht im Rahmen einer zweiwöchigen Exkursion nach der Prüfungszeit. Wer Interesse hat, kann die Informationsveranstaltung zum India Gateway Program besuchen. Diese findet in der Regel im Mai oder Juni statt.
Ob ein ganzes Semester oder eine zweiwöchige Exkursion - wer diese spannende Kultur kennenlernen möchte, für den gibt es an der THWS auf jeden Fall ein attraktives Angebot. Wer Interesse hat, kann sich beim Hochschulservice Internationles über die Angebote informieren und sein Abenteuer in Indien starten. Arya Helchel, die International Management an der THWS studiert, plant, sich für nächstes Sommersemester für ein Auslandssemester in Indien zu bewerben. Sie ist schon sehr gespannt auf die neuen Herausforderungen, die dieses halbe Jahr mit sich bringt. Fest steht für sie schon jetzt: es wird eine wertvolle Erfahrung werden.