×
Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

International: Mailand oder Madrid – Hauptsache Ausland

Auslandspraktika: Praxis-Erfahrungen in der Ferne

 © AdobeStock_263182085

Am Morgen über den Plaza del Sol in Madrid zur U-Bahn laufen, in der Frühstückspause einen Café au Lait mit Blick auf den Eiffelturm genießen, den Schatten in der Mittagshitze in Rom suchen oder in der Rushhour von New York feststecken: Auslandspraktika versprechen Romantik und neue Perspektiven.

„Ich entwickle ein fachliches Verständnis in der Firma und kann die theoretischen Folien aus der Vorlesung anwenden“, freut sich Nina Höffkes. Sie ist Logistik-Studentin an der THWS und absolviert ein Praktikum in Kanada beim Intralogistikanbieter SSI Schäfer. In den Bachelorstudiengängen an der THWS ist ein 20-wöchiges Praktikum Pflicht. Es kann auch im Ausland absolviert werden – dann lassen sich Praxis- mit Auslandserfahrungen kombinieren. Aber natürlich kann man auch freiwillig jederzeit ein Praktikum machen.

Mitunter ist ein Auslandspraktikum schon aufgrund der Internationalität des Arbeitsmarkts sinnvoll. Die Erfahrung, im Ausland gearbeitet zu haben ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Oftmals kann so ein Praktikum Türen öffnen: So bevorzugen einer McKinsey-Studie zufolge 56 Prozent der HR-Leitenden ehemalige Praktikantinnen und Praktikanten als Mitarbeitende.

Die Vorteile eines Auslandspraktikums

Anhand der Auslandserfahrung wird Arbeitgebenden bewiesen, dass man offen und flexibel ist und vor Neuem nicht zurückschreckt. Nicht nur Fremdsprachenkenntnisse können verbessert, sondern auch Fachkenntnisse vertieft werden. Und nicht zuletzt lernt man auch ausländische Geschäftspraktiken und Gepflogenheiten der Branche kennen und eignet sich interkulturelle Kompetenzen an, wie Höffkes berichtet. „Die Erfahrung ist sehr lehrreich, vor allem was meine Persönlichkeit angeht.“ Die Wochenenden nutzt die Studentin, um Land und Leute kennenzulernen: sie erkundet mit anderen Praktikantinnen und Praktikanten das Land, besucht Nationalparks, geht angeln oder erkundet Montreal.

Zitat von Nina Höffkes: "Die Erfahrung ist sehr lehrreich, vor allem was meine Persönlichkeit angeht."

Ausland für alle

Die Logistik-Studentin Höffkes ist nicht die Einzige, die sich getraut hat: Laut Angaben des Hochschulservice Internationales (HSIN) gehen im Schnitt jedes Semester 120 bis 150 Studierende der THWS ins Ausland. Dabei ist Europa als Ziel sehr beliebt, aber auch nach Asien und in die USA zieht es viele. Der Länderwahl sind dabei prinzipiell keine Grenzen gesetzt. Wenn man in eine Einrichtung geht, mit der HSIN bereits zusammengearbeitet hat, ist es aber aufgrund der bereits bestehenden Beziehungen leichter.

Ein Auslandspraktikum zu machen, steht allen Studierenden offen. Gewisse Eigenschaften können jedoch helfen, das Abenteuer zu meistern. „Man sollte offen und abenteuerlustig sein, auf Leute zugehen und um Hilfe fragen können“, zählt Nina Höffkes auf. Auch eigenständiges Arbeiten, Kommunikationsstärke und Eigenverantwortung sind Kompetenzen, die einem den Auslandsaufenthalt vereinfachen können.

Zitat von Nina Höffkes: "Man sollte offen und abenteuerlustig sein, auf Leute zugehen und um Hilfe fragen können."
THWS-Studentin Nina Höffkes vor dem IKEA-Distributionszentrum in Kanada
Logistik-Studentin Nina Höffkes macht ihr Auslandspraktikum in Kanada bei SSI Schaefer. Die Firma hat gerade ein neues Distributionszentrum für IKEA errichtet (© Nina Höffkes)

Welche Unterstützung gibt es?

Grundsätzlich muss der Praktikumsplatz selbst organisiert werden. An jeder Fakultät gibt es Praktikumsbeauftragte, die beratend zur Seite stehen und prüfen, ob das Auslandsvorhaben die nötigen formalen Kriterien erfüllt, um anerkannt zu werden. Vor dem praktischen Semester gibt es Veranstaltungen, in denen die Studierenden interkulturell vorbereitet und darüber aufgeklärt werden, was es vor Ort zu beachten gibt. Nach dem Praktikum findet ein Nachbereitungsseminar zur Reflexion der Erfahrungen statt.

Die Mitarbeitenden des HSIN unterstützen und helfen bei Verwaltungsprozessen, Arbeitserlaubnissen, Bestätigungen und Stipendien. Gerade die finanzielle Beratung und Unterstützung sei eine wichtige Funktion des HSIN, sagt der stellvertretende Abteilungsleiter Thomas Schmitt.
Denn bei einem Praktikum im Ausland entstehen häufig hohe Kosten. Dazu zählen unter anderem Vermittlungsgebühren, Kosten für Vorsorgeuntersuchungen sowie nicht zuletzt die Kosten für Anreise und Unterkunft. Bei Praktika außerhalb der EU können Visa, Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis mit mehreren hundert Euro zu Buche schlagen. Daher können sich Studierende beim HSIN um eine Förderung bewerben. Umgekehrt erhalten laut Angaben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes DAAD mittlerweile zwei Drittel der ERASMUS-Praktikantinnen und -praktikanten eine Vergütung für ihr Praktikum. Auch Höffkes verdient monatlich genug, um nicht auf finanzielle Unterstützung angewiesen zu sein. Die Firma stellt ihr zudem eine Wohnung sowie ein Mietauto.

Das ERASMUS+-Programm zählt zu den bekanntesten Förderprogrammen. Es ist auf die EU beschränkt und beläuft sich auf rund 600 Euro pro Monat beläuft. Bedingung ist allerdings, dass im Praktikum nur maximal 800 Euro monatlich verdient werden. Daneben gibt es das PROMOS-Programm zur Steigerung der Mobilität von Studierenden, das mit bis zu sechsmonatigen Stipendien für Auslandsaufenthalte unterstützt. Auch das Bayerische Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst stellt finanzielle Unterstützung zur Verfügung.

Ein Jahr im Voraus mit der Planung beginnen

Nicht nur wegen der Anträge auf Förderung empfiehlt Schmitt, sich bereits ein Jahr im Voraus mit der Planung des Auslandspraktikums auseinanderzusetzen. Zu Beginn geht es auf die Suche nach einem geeigneten Unternehmen. Dafür gibt es mehrere Wege. Die Studierenden können im Internet eigenständig nach Firmen im Ausland suchen oder sich an eine Firma in Deutschland wenden, die Auslandsniederlassungen hat. Zudem gibt es im Internet zahlreiche Praktikumsbörsen, auf denen ausländische Unternehmen freie Stellen ausschreiben. Kostenlose neutrale Informationen und Beratungen bieten die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit oder das europäische Jugendinformationsnetzwerk EURODESK an.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Professorinnen und Professoren der THWS nach deren Kontakten und Netzwerken zu fragen, denn viele haben einen internationalen Hintergrund. Auch die Praktikumsbeauftragten sind im Besitz von Listen und Informationen über Unternehmen, bei denen Studierende bereits Praktika absolviert haben. Nina Höffkes rät, bei der Firmensuche darauf zu achten, wie die Firma ihre Praktikantinnen und Praktikanten unterstützt. „Als ich beispielsweise in Kanada ankam, hat mich ein Praktikant vom Flughafen abgeholt, mit mir den ersten Einkauf erledigt und mich dann zu meiner Wohnung gebracht“, erzählt sie.

Haben die Studierenden einen Praktikumsplatz gefunden, sollten sie sich um Fördermöglichkeiten kümmern, eine Unterkunft suchen, Visum, Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung beschaffen sowie ihren Versicherungsschutz prüfen. Auch die kulturelle Vorbereitung sollte man nicht vernachlässigen. Auf der Website der THWS findet man ausführliche Informationen zu den Formalitäten, Versicherungen, Visa sowie Checklisten.

Nina Höffkes beim Angeln
Die Wochenenden nutzt die Studentin, um Land und Leute kennenzulernen: sie erkundet mit anderen Praktikantinnen und Praktikanten das Land, besucht Nationalparks, geht angeln oder erkundet Montreal (© Nina Höffkes)

Ein Artikel von 
Lynn Feldmann