Im Herzen des Nahen Ostens gelegen, ist Jordanien ein Land mit lebhaften Märkten, historischen Landschaften, kulinarischen Genüssen und einer faszinierenden Kultur. Die German Jordanian University (GJU) in dem haschemitischen Königreich gilt bei Studierenden der THWS als beliebter Zielort für ein Auslandssemester.
Wer noch nie einen Fuß in den Nahen Osten gesetzt hat, hat es schwer, sich ein klares Bild vom Leben dort zu machen. Die Darstellungen und gezeigten Klischees in den Medien sind häufig einseitig. Rund um Jordanien befinden sich Länder wie Israel, Palästina, Irak und Syrien – Gebiete, in denen ein ständiger Konflikt herrscht. Wie ist es also vor Ort? „Ich habe mich in Jordanien sehr sicher gefühlt“, äußert Iman Blume ohne zu zögern. Auch Dr. Daniel Wimmer, Leiter des Hochschulservice Internationales (HSIN) an der THWS, bestätigt: „Ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit für das, was um einen herum geschieht, ist eine Selbstverständlichkeit. Egal, wo man hingeht.“
Iman Blume, Masterstudentin der Sozialen Arbeit, hat das Wintersemester 2020/21 an der GJU verbracht. Sie schildert: „Jordanien ist ein sehr ansprechendes Gastland. Die Jordanier empfangen jeden mit offenen Armen.“ Natürlich müsse man sich aber erst einmal an die kulturellen Begebenheiten gewöhnen. „Meine größte Herausforderung war es, flexibel zu sein“, erinnert sich Iman. Sie erklärt, was sie damit meint: „Planänderungen zum Beispiel, wenn der Unterricht plötzlich verschoben wird. Doch man gewöhnt sich recht schnell daran.“ Ein Auslandssemester dient eben nicht nur dazu, den eigenen Horizont zu erweitern, sondern kann auch die Augen dafür öffnen, wie unterschiedlich die Lebensrealitäten auf der Welt sein können.
Das Campusleben an der GJU
Die GJU hat zwei Standorte, die etwa 30 Kilometer voneinander entfernt liegen: in Madaba und der Hauptstadt Amman. In der Hauptstadt befindet sich der Campus für Architektur, Design und das Masterprogramm Soziale Arbeit. Dort hat Blume Abendkurse besucht, und morgens ihren Arabisch-Unterricht gehabt. Schmunzelnd erklärt sie die zeitliche Verschiebung im Tagesablauf in Jordanien, zum Beispiel auch beim Essen: „Das Frühstück ist spät. Gegen 17 Uhr gibt es Mittagessen, und das Abendessen wird erst nach 22 Uhr eingenommen.“
Die dort herrschende kulturelle Gemeinschaft, hat Blume laut eigener Aussage „total fasziniert“. Dazu gehört auch ein arabisch-deutscher Austausch, bei dem sich die Leute treffen, um ihre Sprache zu verbessern. Ein Bummel über die Märkte von Amman, die sogenannten „Souqs“, waren für die Studentin ebenfalls ein Vergnügen. Sie erinnert sich gerne daran: „Es ging immer sehr viel darum, Tee zu trinken und gemeinsam zu essen.“
Die Wochenenden hat Blume für Reisen quer durch das Land genutzt: „Der Norden ist üppig grün, dann wird es in der Mitte recht städtisch und man findet viele Steinlandschaften. Geht man in den Süden, kommen zunächst Wüstenlandschaften – und am Ende Jordaniens bietet die Stadt Akaba Strände zum Baden im Roten Meer.“
Durch Zusammenarbeit die Zukunft mobilisieren
Der Schwerpunkt von Blumes Masterstudium bezieht sich auf Flüchtlinge und Migrierte. Inzwischen zurück in Deutschland, arbeitet sie derzeit nebenbei in einer deutschen Flüchtlingsunterkunft. Die Zeit in Jordanien hilft ihr auch hier, denn das Land ist und bleibt ein sicherer Hafen. Es beheimatet eines der größten Flüchtlingscamps der Welt, bekannt als „Zaatari“, das weniger als 15 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt liegt und über 80.000 Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und weiteren Ländern beheimatet. Blume zufolge hat der Aufenthalt in Jordanien sie näher an die Menschen gebracht, denen sie zu helfen versucht. Sie sagt: „Ich habe jetzt ein viel besseres Verständnis dafür, wie Menschen beispielsweise Familie und Religion wahrnehmen und was dies für sie bedeutet.“ Dass sie an Kultursensibilität gewonnen hat, zeigt sich an diesen Momenten: „Selbst, wenn ich ein paar Sätze auf Arabisch spreche, fühlt sich die andere Person in meiner Gegenwart schon viel wohler.“
Die Geschichte von Blume ist eine von vielen. Die praktischen Lernmöglichkeiten und Erfahrungen, die Jordanien und die GJU bieten, berühren weiterhin viele Leben. Das Gleiche gilt für die jordanischen Studierenden an der THWS. Und auch dieses Jahr sind im Sommersemester wieder fünf THWS-Studierende aus dem Masterstudiengang „International Social Work with Refugees and Migrants“ in Jordanien.
Die Partnerschaft mit der German Jordanian University
Schon seit 2008 pflegt die THWS eine florierende Partnerschaft mit der German Jordanian University (GJU). Diese staatliche jordanische Universität hat ihren Sitz in der Hauptstadt Amman. Zudem ist sie nach dem Modell der deutschen Hochschulen für angewandte Wissenschaften aufgebaut. So spielt der Praxisbezug im Studienangebot der GJU genauso eine große Rolle wie an der THWS.
Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Hochschulen umfasst neben einem Austauschprogramm auch Forschung und viele erfolgreiche Projekte in Wissenschaft und Kunst. Hierbei fließen beträchtliche Drittmittel, was die Hochschulbildung in beiden Ländern fördert. Über 420 Studierende beider Universitäten haben bereits am Austauschprogramm teilgenommen. Die GJU bietet über 20 Masterstudiengänge und 25 Bachelorstudiengänge an. Dazu zählen unter anderem Ingenieurwesen, Management, Gesundheitswissenschaften und Sprachen.
„Derartige Partnerschaften dienen auch der Friedenssicherung“, betont HSIN-Leiter Dr. Wimmer. „Wir wollen, dass sich junge Menschen aus der ganzen Welt gegenseitig kennenlernen und verstehen.“ Der HSIN begleitet sowohl THWS-Studierende als auch internationale Gaststudierende bei der Planung ihres Auslandsaufenthaltes. Ebenfalls werden Partnerschaften wie die mit der GJU vom HSIN angebahnt. Für Dr. Wimmer liegt auf der Hand, dass die beiden Hochschulpartner in ihren Kompetenzen und Interessen auf einer Linie liegen. Mit ihrer Kooperation fördern sie daher nicht nur die „big-minds“ von morgen, sondern ermöglichen gleichzeitig auch den interkulturellen Dialog.