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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Rocio Senger: Die weibliche Perspektive im IT-Bereich

Über die Förderung des Stipendiums der Professor Wolfgang Maria Fischer Stiftung und die Bedeutung von Frauen in MINT-Studiengängen

 © Rocio Senger

Wie wichtig es ist, dass Frauen im IT-Bereich und insbesondere bei der Programmierung von künstlicher Intelligenz (KI) teilhaben, wird häufig unterschätzt. Rocio Senger ist zweifache Stipendiatin der Professor Wolfgang Maria Fischer Stiftung und studiert den Masterstudiengangs Digital Business Systems, nachdem sie an der THWS bereits ihren Bachelor in Wirtschaftsinformatik absolviert hat. Sie weiß um die Notwendigkeit der weiblichen Perspektive in der IT-Welt. Im Interview mit Fokus Orange erzählt Rocio, wie sie zur Stipendiumsförderung kam und welche Herausforderungen sowie Vorteile sie als zweifache Mutter für das Studium sieht.

Veröffentlicht am 28.05.2025

Wie kamst du dazu, an der THWS zu studieren?

Ich bin in Mexiko aufgewachsen und lebe seit zehn Jahren in Deutschland. Mein Vater ist Deutscher und hat Familie hier in der Region, weshalb ich hierhergezogen bin. In Mexiko habe ich BWL studiert, allerdings wurde mein Abschluss in Deutschland nicht anerkannt. Ich hatte dann nur die Option, mich auf Stellen zu bewerben, in denen keine Qualifikationen notwendig sind und die entsprechend auch schlechter bezahlt sind oder eben nochmal zu studieren. Ich bin dann auf die THWS aufmerksam geworden – hier hat mir insbesondere der große Praxisbezug während dem Studium gefallen.

Die Hochschule ist für mich mittlerweile wie ein Teil einer Familie geworden. Vier Jahre Bachelorstudium, jetzt noch drei Jahre Master. Ich habe die Möglichkeit bekommen auch Teilzeit an der Hochschule zu arbeiten und habe hier viel Unterstützung bekommen – die THWS ist ein großer Teil meines Lebens hier in Deutschland.

"Die Hochschule ist für mich mittlerweile wie ein Teil einer Familie geworden" Zitat von Rocio Senger
die drei Personen stehen nebeneinander und lächeln in die Kamera
(V. li.) Prof. Dr. Sebastian Biedermann, Dekan der Fakultät Informatik und Wirtschaftsinformatik, und THWS-Präsident Prof. Dr.-Ing. Jean Meyer bei der Verleihung der Stipendienurkunde an Masterstudentin Rocio Senger (Foto: THWS/Tobias Hestner)

Was begeistert dich am Bereich IT bzw. Wirtschaftsinformatik?

Ich war schon immer technologiebegeistert, da war Informatik recht naheliegend. Themen rund um Mathematik, Logik und Programmieren machen mir einfach viel Spaß. Besonders gefällt mir, dass man die Möglichkeit hat, kreativ zu sein. Wenn man ein System neu entwickelt, hat man die Möglichkeit etwas von Grund auf Neues zu gestalten – diese Freiheit ist etwas Tolles.

Welche Herausforderungen gibt es für dich während dem Studium – gerade in Hinblick darauf, dass du auch zwei Kinder hast?

Die größte Herausforderung ist auf jeden Fall das Zeitmanagement. Man hat viele Rollen, die man einnehmen muss – das Studium, das Mama-Sein, Arbeit, Haushalt. Trotzdem hatte ich immer viel Unterstützung von der Seite meines Partners und von meiner Familie. Die hybride Lehre an der Hochschule ist dabei aber auch ein großer Vorteil, da ich teilweise auch von zu Hause an den Vorlesungen teilnehmen kann. Gerade im Masterstudium sind es viele Projektarbeiten, bei denen man sich selbst und im Team organisieren muss, diese Flexibilität hilft auch sehr. Herausfordernd finde ich es außerdem in stressigen Phasen manchmal Zeit für mich selbst zu schaffen, um den Kopf frei zu bekommen.

Wie nimmst du dir Zeit für dich selbst?

Auch wenn neben dem Studium und Mama-Sein nicht mehr allzuviel Zeit bleibt, ist es glaube ich sehr wichtig, sich ab und zu Zeit für sich zu nehmen. Ich genieße sehr die ruhigen Momente im Garten – ich liebe Tiere und die Natur. Wir haben jetzt Meerschweinchen, wenn ich mich um sie oder die Pflanzen im Garten kümmere, kann ich gut abschalten.

Rocio Senger lächelt in die Kamera. Sie sitzt auf einer weißen Bank. Im Hintergrund befindet sich ein weihnachtlich geschmückter Baum mit schwarzen und weißen Kugeln.
Rocio Senger bei einer Exkursion in die Büros von Hugo Boss in Metzingen (Foto: Rocio Senger)

Wie bist du auf das Stipendium der Professor Wolfgang Maria Fischer Stiftung aufmerksam geworden?

Wir haben von der Hochschule eine Mail mit der Ausschreibung und den zu erfüllenden Kriterien bekommen. Das war etwas witzig, weil die erste Reaktion eines Kommilitonen war, dass es unfair sei, dass sich das Stipendium nur an Frauen richte. Schließlich muss man sich aber bewusst sein, wie unterrepräsentiert Frauen in der IT-Branche sind und genau da möchte das Stipendium eben fördern. Am Anfang war ich etwas unsicher, ob ich überhaupt eine Chance habe. Aber da ich die Auflagen erfüllen konnte, habe ich mich dann einfach per Mail mit den entsprechenden Unterlagen beworben und es hat tatsächlich geklappt.

Du hast das Stipendium bereits zum zweiten Mal bekommen – wie geht es dir damit?

Ehrlicherweise habe ich mich am Anfang etwas gewundert und mich gefragt, ob das wirklich so besonders ist, was ich mache. Ich mache mein Studium, weil ich als Frau unabhängig sein möchte und auch als Vorbild für meine Tochter dienen will. Mir war am Anfang nicht immer bewusst, dass diese Doppelbelastung, die man trägt etwas ist, worauf man wirklich stolz sein kann – das kam vor allem mit der Auszeichnung über das Stipendium. Der Erhalt des Stipendiums hat mir Anerkennung gegeben und mir bewusstgemacht, dass ich sehr stolz auf mich sein darf.

"Ich mache mein Studium, weil ich als Frau unabhängig sein möchte und auch als Vorbild für meine Tochter dienen will." Zitat von Rocio Senger
Rocio Senger sitzt zusammen mit Prof. Dr. Sebastian Biedermann und Prof. Dr.-Ing. Jean Meyer an einem runden Tisch.
Rocio Senger (ganz rechts) erhält zum zweiten Mal die Förderung des Stipendiums der Professor Wolfgang Maria Fischer Stiftung (Foto: THWS/Tobias Hestner)

Inwiefern hilft dir die finanzielle Unterstützung in Höhe von 500 Euro im Monat?

Auch wenn die Auszeichnung für mich eigentlich das Schönste am Stipendium ist, hilft die finanzielle Unterstützung natürlich sehr. Mein Partner ist zu 50 Prozent in Elternzeit für unser Kind, das erst acht Monate alt ist – natürlich fällt dann auch ein Teil des monatlichen Einkommens weg. Ich habe so auch einfach die Möglichkeit mir etwas mehr Freiräume zu schaffen und den Fokus mehr auf das Studium zu setzen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Hast du einen Tipp für Frauen oder auch Mütter, die gerne ein Studium im IT-Bereich machen wollen?

Grundsätzlich sind Frauen glaube ich oft unsicher und unterschätzen sich und wozu sie fähig sind. Deshalb ist mein Tipp, es einfach zu versuchen und sich nicht zu sehr von seinen Zweifeln leiten zu lassen. Vor allem als Mutter hat man ein sehr gutes Zeitmanagement und das kann auch im Studium helfen.

Gerade im Bereich Informatik sollte man sich nicht abschrecken lassen, es ist alles machbar und gerade an der Hochschule bekommt man viel Übung. Wir haben hier eine tolle Frauenbeauftrage, die viel unterstützt. Außerdem brauchen wir in der IT unbedingt mehr weibliche Perspektiven, damit auch Frauen in diesem Bereich mitgestalten und unterschiedliche Meinungen vertreten sind. Ich schreibe gerade meine Masterarbeit zum Thema generative KI – gerade hier sieht man, wie sehr Bias und Datenlücken die Diskriminierung vorantreiben können. Umso wichtiger ist es bunte Meinungen, also eben auch die von Frauen, bereits in der Programmierung von Technologie zu berücksichtigen. 

"Außerdem brauchen wir in der IT unbedingt mehr weibliche Perspektiven, damit auch Frauen in diesem Bereich mitgestalten und unterschiedliche Meinungen vertreten sind." Zitat von Rocio Senger

Stipendium der Wolfgang Maria Fischer Stiftung

2002 errichteten die Eheleute Maria Fischer-Flach und Prof. Wolfgang Fischer die Professor Wolfgang Maria Fischer Stiftung mit dem Zweck, die Ausbildung qualifizierter Studierender des Bachelorstudiengangs Informatik an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt zu fördern. Maria Fischer-Flach brachte im Jahre 2008 eine Immobilie als Zustiftung in die Stiftung ein, mit der sie ausschließlich Frauen fördern möchte, die ihr Bachelorstudium im Studiengang Informatik an der THWS abgeschlossen und ein Masterstudium Informatik an der THWS aufgenommen haben.

Weitere Infos zur Professor Wolfgang Maria Fischer Stiftung

Das Interview führte
Anna Christ