Lena Schneyers Weg von der Realschule bis zur Auszeichnung als eine der fünf besten dualen Absolventinnen mit vertiefter Praxis in Bayern ist mehr als nur eine Karriere. Die Geschichte einer jungen Frau in einem männerdominierten Beruf.
Veröffentlicht am 15.07.2024
Lena Schneyer lächelt etwas verlegen in die Kamera. Ihre Augen leuchten hinter dem Brillenrahmen, sie grüßt freundlich. Lena ist gerade einmal 25 Jahre alt - und Lehrbeauftragte an der Fakultät Maschinenbau der THWS, Konstrukteurin von Flugzeugteilen und Mentorin in einem bayernweiten Mentoring-Projekt für Frauen. Sie ist in der Nähe von Bad Neustadt aufgewachsen und hat schon als Kind eine Vorliebe für technisches Spielzeug und Konstruktionen gezeigt. Aus diesem kindlichen Interesse entwickelte sich eine Liebe zur Technik, die durch die Unterstützung ihrer Eltern noch verstärkt wurde. Schon als kleines Mädchen spielte Lena lieber mit Bausteinen als mit Puppen und bekam von ihrer Mutter einen Chemiebaukasten geschenkt. Sie besuchte die Realschule, machte eine Ausbildung und begann dann ein Maschinenbau-Studium. Das klingt nach einem zielstrebigen Werdegang - und ist es auch.
Vom Girls‘ Day zur Konstruktionsingenieurin
Den Grundstein dafür hat Lena in der Realschule gelegt. Dort entschied sie sich für den technischen Zweig, entdeckte ihre Begeisterung für Mathe und tauchte in die Welt der Naturwissenschaften und Technik ein. Schon in der 7. Klasse wagte sie den ersten Schritt und absolvierte ein Praktikum im Rahmen des Girls‘ Day, bei dem das Interesse von Mädchen für MINT-Berufe geweckt werden soll
Nach dem Realschulabschluss entschied sich Lena für eine Ausbildung zur technischen Produktdesignerin und erwarb parallel dazu ihr Fachabitur. Ihr Weg führte weiter in ein duales Studium im Maschinenbau, das sie trotz der Herausforderungen der Corona-Zeiten im März 2022 erfolgreich mit einem Bachelorabschluss absolvierte, der durch ihre Ausbildung bei Schaeffler besonders praktisch fundiert ist. "Das Studium war ziemlich herausfordernd, aber meine Ausbildung bei Schaeffler verschaffte mir einen praktischen Bezug, der mir geholfen hat", reflektiert Lena. Heute, nach dem Studium, findet man sie bei Schaeffler Aerospace als Konstruktionsingenieurin, wo sie 3D-CAD-Modelle für Wälzlager von Flugzeugtriebwerken und Helikoptern entwirft.
Lenas Hingabe zeigt sich nicht nur in ihrer herausragenden Abschlussnote (1,2), sondern auch in vielfältigen Projekten und Aktivitäten während ihres Studiums an der THWS. Die Leitung von Tutorien, die Erstellung eines Studiengangvideos, die Mitgliedschaft in einem Berufungsausschuss und eine Qualitätsmanagement-Weiterbildung zeugen von ihren fachlichen und organisatorischen Fähigkeiten.
Ein Höhepunkt ihrer Studienzeit war die Auszeichnung als eine der fünf besten dualen Absolventinnen mit vertiefter Praxis in Bayern. Diese Anerkennung würdigt nicht nur ihre Abschlussnote, sondern auch ihren bedeutenden Beitrag zur Hochschulgemeinschaft und ihre außergewöhnlichen Aktivitäten. In Lena Schneyer findet man nicht nur eine erfolgreiche Konstruktionsingenieurin, sondern auch eine inspirierende Persönlichkeit, die die Brücke zwischen Theorie und Praxis erfolgreich schlägt.
Lehrbeauftragte: Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis
Was einst als studentisches Engagement begann, hat sich nach Lenas Abschluss zu einem festen Bestandteil ihrer Tätigkeiten entwickelt. Zwei Stunden pro Woche widmet sie der Hochschule, um in der Zusatzübung zu Strömungsmechanik praktische Einblicke zu bieten. In Ergänzung zur Vorlesung von Prof. Dr. Helge Möbus wird hier nicht nur Theorie vermittelt, sondern vor allem angewandtes Wissen." Die Studierenden lernen die Theorie in der Vorlesung, aber es ist nicht genug Zeit, alle Aufgaben zu bearbeiten", erklärt Lena. In ihrer Zusatzübung geht es darum, "auch mal vermeintlich 'dumme' Fragen zu stellen", um Verständnisbarrieren abzubauen.
Lenas Lehrbeauftragten-Rolle erstreckt sich über verschiedene Semester und Unterrichtsformate, von Online-Zoom-Sitzungen bis hin zu Selbstlerngruppen, wobei sie stets die Präferenzen der Studierenden berücksichtigt. Ihr Ziel geht jedoch über rein fachliche Hilfe hinaus. "Es geht darum, dass man sich traut, solche Fragen zu stellen. Das kann auch die einfachste Frage sein", betont sie. In einem informellen und unterstützenden Umfeld ermutigt Lena die Studierenden dazu, nicht nur Antworten zu suchen, sondern auch ihre eigenen Fragen zu stellen.
Lena zeigt den Studierenden, dass Mathematik und Technik nicht nur auf dem Papier existieren, sondern in der realen Welt Anwendung finden. Ihre praxisnahe Herangehensweise geht über das Klassenzimmer hinaus und inspiriert dazu, den Weg der Technik aktiv zu erkunden. "Für mich ist es wichtig, dass man die Dinge anschaulich darstellt", so Lena. Als Lehrbeauftragte wird sie zur Brücke zwischen Theorie und praktischer Anwendung, und ihre Unterstützung ermutigt Studierende, die Welt der Technik mit einem neuen Blick zu betrachten.
“Gut gemacht, Jungs”
Parallel zu ihrer beruflichen Karriere engagiert sich Lena Schneyer leidenschaftlich im BayernMentoring-Programm, das darauf abzielt, Frauen im Bereich der Technik zu fördern und zu unterstützen. Das Projekt bietet eine Plattform, auf der sich Studentinnen und Berufseinsteigerinnen sowie berufserfahrene Frauen austauschen, vernetzen und voneinander lernen können. Hier werden nicht nur fachliche Themen behandelt, sondern auch Herausforderungen und Erfahrungen im technischen Umfeld diskutiert.
Mentoren spielten auch in Lenas Werdegang eine Schlüsselrolle. Die enge Beziehung zu ihrer Mentorin bei Schaeffler half nicht nur bei der Suche nach einer Stelle für das Praxissemester, sondern auch bei der Bachelorarbeit. Lena reflektiert über Erfahrungen und betont, dass es wichtig ist, sich nicht als Außenseiterin zu sehen und nicht übermäßig beweisen zu müssen. Sie teilt eine Anekdote aus einer Projektpräsentation, in der sie als einzige Frau von einem Professor mit einem "Gut gemacht, Jungs" gelobt wurde, als Beispiel für die Herausforderungen, denen Frauen in technischen Studiengängen gegenüberstehen können.
“Man braucht vielleicht schon erst mal jemanden, der einem den MINT-Bereich nahebringt und sagt: ‘Wäre das denn nicht was für dich?‘, sagt Lena und spekuliert über die Rolle der Mentoren, wer auch immer das sein mag. „Ob das jetzt unbedingt die Eltern sein müssen oder eben ein anderer, der den jungen Mädels sagt ‘Hey, es gibt auch sowas, würde dich das vielleicht interessieren?‘, wenn sie im ersten Moment vielleicht an eine andere Richtung denken würden“, fügt sie hinzu. Als Mentorin im BayernMentoring-Programm möchte Lena die positiven Erfahrungen weitergeben. Sie schätzt nicht nur die persönlichen Vorteile, sondern auch das Netzwerk und die interessanten Frauen, die sie durch das Programm kennengelernt hat.
Für Lena ist der Tag nach dem abendlichen Interview noch nicht vorbei. Bei ihr stehen heute noch weitere Termine an. Zielstrebigkeit bringt eben auch eine gewisse Opferbereitschaft mit sich.
BayernMentoring ist ein landesweites Förderprogramm speziell für Mädchen und junge Frauen an bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) vorrangig in MINT-Studien- und Berufsfeldern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Das Mentoring-Programm hat in der Regel eine Laufzeit von einem Jahr.