Jessica Mantel studiert zwei Studiengänge parallel, absolviert Auslandssemester und freiwillige Praktika. Gleichzeitig geht sie zahlreichen Hobbys nach und bereist die Welt. Die 21-Jährige im Porträt.
Würde man nach einem einzigen Wort suchen, um Jessica Mantel zu beschreiben, wäre es wohl Multitasking. Nur eine Sache zu machen, kam für die 21-jährige Studentin der THWS noch nie in Frage. Zuletzt befand sie sich in Australien und absolvierte dort ihr Auslandssemester. In ihrer Zeitzone neigte sich der Tag bereits dem Ende zu. Doch Jessica erzählte hellwach mit schnellen, präzisen Sätzen, wie sie ihr Weg nach Australien geführt hat, was sie noch nebenher macht und was ihre Pläne für die nächsten Monate sind.
Die Welt entdecken
„Ich bin keine, die eine Sache besonders toll findet, ich bin lieber interdisziplinär und probiere immer wieder Neues“, sagt Jessica über sich selbst und könnte es damit kaum besser treffen. Während ihrer Schulzeit am Gymnasium Marktbreit war Jessica Mitglied des Schulzirkus. Von Akrobatik über Seiltanz bis hin zum Feuerspucken war hier alles geboten. Als die leitende Lehrerin des Zirkus in Rente ging, übernahm Jessica kurzerhand mit einigen Mitschülerinnen und Mitschülern die Organisation: Von der Koordination von Licht und Ton über die Kostüme bis zur Abstimmung mit der Schulleitung. Und das alles neben der Oberstufe und dem Abitur, das sie letztlich mit der Bestnote 1,0 abschloss.
In dieser Zeit entdeckte Jessica ihre Leidenschaft für das Organisieren und Planen. Auch für ihr späteres Berufsleben konnte sie sich den Bereich Eventmanagement gut vorstellen. Doch nach dem Abitur zog es sie zunächst weg von Zuhause, raus aus Deutschland. In London verbrachte sie ein Jahr als Au-pair und lernte dabei nicht nur das Leben in einer Großstadt kennen, sondern entdeckte auch ihre Begeisterung für die englische Sprache. Zusätzlich zu ihrem Wunsch, im Bereich Management zu studieren, kam so die Idee, ihr Studium auf Englisch zu absolvieren. An der THWS wurde sie fündig: Das Bachelorstudium International Management ist englischsprachig und bietet die Option auf ein Double Degree, also einen Abschluss sowohl an der Hochschule in Würzburg als auch an einer von 13 Partnerhochschulen auf der ganzen Welt. Dafür absolvieren die Studierenden zwei Semester an der ausländlichen Hochschule und in manchen Fällen auch noch das Praktikum im Ausland.
Für Jessica war das die ideale Kombination: Nach ihrem Jahr als Au-pair begann sie ihr Studium an der THWS. Der Studiengang bietet neben dem Auslandssemester weitere Möglichkeiten, internationale Luft zu schnuppern: In den Semesterferien nach dem Wintersemester 2020 reiste Jessica mit weiteren Studierenden für drei Wochen nach Thailand in die Summer School. „Ich finde es cool, was die THWS da anbietet und das Programm passt auch echt gut in den Studiengang,“ erzählt sie.
Auf der Suche nach neuen Herausforderungen
Nach der Rückkehr aus Thailand im Februar 2020 änderte sich dann schlagartig einiges. Durch den Lockdown fielen plötzlich Jessicas Hobbys und Aktivitäten neben dem Studium weg: Bereits neben der Schule hatte sie eine Kindertanzgruppe geleitet, tanzte selbst Standard und Garde, machte Akrobatik und Aerobic und gab Nachhilfeunterricht. Auch während des Studiums an der THWS blieb sie diesen Hobbys treu, gleichzeitig arbeitete sie bei der studentischen Unternehmensberatung IAC in Würzburg und unterstützte Geflüchtete mit Deutschunterricht. Durch die Pandemie war das meiste nicht mehr möglich, auch das Studium konnte nicht mehr vor Ort stattfinden. Jessica merkte schnell, dass das Online-Studium allein sie nicht erfüllte. „Man konnte nichts mehr machen, keine Hobbys, keinen Sport“, erzählt sie. „Ehrlich gesagt war mir einfach langweilig.“
So reifte die Idee, noch etwas Neues zu beginnen. Kurz dachte Jessica sogar darüber nach, ihr aktuelles Studium abzubrechen und Medizin zu studieren. Doch stattdessen entschied sie sich, einen weiteren Vollzeit-Bachelorstudiengang neben ihrem Studium an der THWS aufzunehmen. Was im Studienalltag sehr herausfordernd klingt, war bereits in der Organisation eine große Hürde. „Niemand konnte mir sagen, was ich beachten muss und was möglich ist, wenn man zwei Studiengänge gleichzeitig machen möchte“, erzählt die 21-Jährige. „Der Fall kommt ja nicht so oft vor.“ Nachdem beide Hochschulen zustimmten, war es endlich offiziell: Jessica war nun zusätzlich für den Studiengang Angewandte Wirtschafts- und Medienpsychologie an der Hochschule Ansbach eingeschrieben. „Die beiden Studiengänge ergänzen sich gut und der Aspekt Psychologie hat mich besonders durch Corona sehr interessiert“, sagt sie.
Dass sie ihre beiden Studiengänge nun, bei Präsenzlehre statt Onlineunterricht, parallel weitermachen kann, verdankt sie einem glücklichen Zufall. Angewandte Wirtschafts- und Medienpsychologie wurde in Jessicas erstem Semester erstmals angeboten, wodurch der Studiengang noch nicht zulassungsbeschränkt war. „Wir sind 400 Leute im Semester und die Hochschule Ansbach ist nicht auf so viele Studierende ausgelegt, deshalb haben wir weiterhin Online-Vorlesungen.“ So konnte Jessica ihr Studium in Ansbach auch von der anderen Seite der Welt, von Australien aus, fortsetzen.
Auch dieser Aufenthalt war jedoch zunächst durch die Pandemie geprägt. Das erste Semester an der australischen Partnerhochschule, dem International College of Management in Sydney, konnte Jessica aufgrund der Grenzschließung in Australien nur digital von Deutschland aus machen, was bedeutete, mitten in der Nacht an Vorlesungen teilzunehmen. Mit einem Semester vor Ort hatte Jessica gar nicht mehr gerechnet, als plötzlich die Grenzen in Australien wieder aufgemacht wurden und sie das zweite Semester in Präsenz starten konnte. Jessica zeigte sich von der Atmosphäre vor Ort beeindruckt: Sie berichtet von der Hochschule, die sich in einem alten Kloster befindet und aussieht wie ein Schloss. Zum Strand sind es von dort gerade mal fünf Minuten, ins Zentrum von Sydney sind es 20 Minuten. „Meine Erwartungen wurden definitiv übertroffen.“ Einziger Nachteil der Partnerhochschule seien die hohen Studiengebühren. Durch verschiedene Stipendien könne man sich den Aufenthalt jedoch relativ einfach finanzieren.
Die Heimat als sicherer Hafen
Ihren Aufenthalt in Australien will Jessica so lange wie möglich genießen. Doch in Deutschland wartet bereits der nächste Stopp auf sie: Ein freiwilliges Praktikum im Projektmanagement bei Amazon in der Nähe von Kiel. „Ich bin dann etwa fünf Tage zuhause, wenn ich aus Australien zurückkomme, dann geht es direkt weiter“, berichtet Jessica. Immer wieder nach Hause zu kommen, die Familie und enge Freunde zu treffen, ist für die 21-Jährige sehr wichtig. Auch deshalb war die THWS für sie eine gute Wahl. „Ich reise sehr gerne und lerne neue Länder kennen, aber ich komme zwischendrin auch gerne wieder nach Hause.“
Ihre Eltern wohnen etwa 30 Minuten von Würzburg entfernt in einem kleinen Dorf, in dem Jessica auch aufgewachsen ist. Während ihrer ersten Semester an der THWS lebte Jessica dort. Obwohl sie bereits in Großstädten in verschiedenen Ländern gelebt hat, ist sie froh darüber, auf dem Land aufgewachsen zu sein. „Man kann als Kind wirklich Kind sein, Spaß haben und herumrennen. Wenn ich das mit den Kindern in London vergleiche, ist das etwas ganz Anderes. Die weite Welt kann man später immer noch entdecken.“ Und das tut Jessica zweifellos. Nach dem Praktikum stehen noch zwei weitere Semester an der THWS und drei Semester in Ansbach an. Was ihre Zukunftspläne sind? „Gute Frage, nächste Frage“, sagt sie lachend.