Wie können wir Menschen lehren, mit dem Klimawandel umzugehen? Sophie Fischer und Prof. Dr. Holger Walter erforschen dies an der THWS. In Zusammenarbeit mit europäischen Hochschulen und mit EU-Finanzierung von 250.000 Euro entwickeln sie im Projekt „Personal Green Skills in Higher Education“ innovative Lösungsansätze.
Veröffentlicht am 26.06.2025
Hitze, Dürre, Sturzfluten: Der globale Klimawandel führt zu Extremwetterereignissen – und sorgt so für komplexe Herausforderungen für die Menschen. Wie kann man lernen, damit umzugehen? Ein Team der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) will entsprechende Antworten finden. Seit November 2023 arbeiten Sophie Fischer vom Institut für Digital Engineering (IDEE) und Prof. Dr. Holger Walter von der Fakultät Angewandte Natur- und Geisteswissenschaften zusammen mit fünf weiteren europäischen Hochschulen am Projekt „Personal Green Skills in Higher Education“, welches von der Europäischen Union mit 250.000 Euro für zwei Jahre finanziert wird.
Soft Skills als Lösung: Was sind Personal Green Skills?
Personal Green Skills sind im Bereich der Soft Skills einzuordnen. Bei den, wörtlich übersetzt, „persönlichen grünen Fähigkeiten“ geht es darum, wie Menschen ihren persönlichen Lebensstil nachhaltig gestalten und sinnvoll für die Gesellschaft tätig werden können – etwa indem sie auf Mülltrennung achten oder ihren persönlichen CO2-Footprint im Blick behalten. Hier sind nicht nur Studierende angesprochen, sondern auch Lehrende, die die entsprechenden Ideen innovativ in ihre Lehre integrieren können.
Die Rolle der Studierenden: Eigenverantwortung fördern
Jede der sechs Partnerhochschulen arbeitet an unterschiedlichen Aspekten. An der THWS werden Lehrveranstaltungen konzeptioniert und innerhalb des Pilotprojekts erprobt. „Die Lücke zwischen vorhandenem Wissen und tatsächlicher Umsetzung ist häufig sehr groß. Diese Lücke wollen wir schließen, auch wenn es kein universales Rezept dafür gibt“, erklärt Prof. Dr. Walter das Ziel der neuen Lehrveranstaltungen.
Ein Ansatz ist das Blended-Learning-Intensivprogramm (BIP). Hier bekommen Studierende einen Katalog mit vielfältigen aktuellen Problemen, aus dem sie sich ein Thema wählen und selbstständig bearbeiten. Die Lehrenden unterstützen mit Richtlinien und Beispielen anderer Problemlösungen. Durch diesen Prozess sollen die Studierenden intrinsische Motivation entwickeln, die durch externe Vorgaben nicht entstehen würde. Prof. Dr.-Ing. Jan Schmitt, ehemaliger Institutsleiter des IDEE und jetzt Vizepräsident der THWS für den Bereich Forschung und Gründung, berichtet aus eigener Erfahrung: „Wenn man als Lehrender lernt, diese Freiräume zu geben, ist das deutlich zielführender. Dann kommt von den Lernenden auch Input, den man nicht erwartet hat. Das macht das Ganze dann spannend.“
Einblicke in die Projektentwicklung
Das BIP wird in einer Pilotphase mit 25 Studierenden und Lehrenden aus allen Partneruniversitäten erprobt. Die Pilotphase besteht aus einem Selbstlernteil, in dem die Teilnehmenden ein Thema wählen, recherchieren und umsetzen, sowie einer Blockveranstaltung. In dieser Blockveranstaltung kommen die Studierenden in Schweinfurt in internationalen Teams zusammen und arbeiten gemeinsam an ihren Projekten. „Wichtig ist, dass miteinander geredet wird“, so Prof. Dr. Walter. „Probleme, die bei uns dringend sind, sind in anderen Ländern vielleicht gar kein Problem. Der Austausch zwischen verschiedenen Ländern kann helfen, die Relevanz bestimmter Probleme besser einschätzen zu können.“ Schließlich wird das gewählte Projekt dem Plenum als Prüfungsleistung präsentiert. Das Ziel ist, möglichst viele Ideen und Projekte, wie wir nachhaltiger leben können, zu finalisieren und diese in die Tat umzusetzen.

Vorbereitet auf Unsicherheiten: Entscheidungsprozesse und Komplexität
Am Ende des Kurses sollen die Studierenden schwierige Abwägungsprozesse durchführen können. Denn im Arbeitsleben werden sie wichtige Positionen besetzen und Entscheidungen treffen müssen, die durch zunehmende Unsicherheiten und Einflüsse immer komplexer werden. „In einer solchen Welt ist es unsere gesetzliche Aufgabe, Persönlichkeiten auszubilden, die mit dieser Komplexität umgehen und bei schwierigen Entscheidungen verschiedene Aspekte gegeneinander abwägen können“, so Prof. Dr.-Ing. Schmitt.
Dennoch ist der Kurs für Lernende wie für Lehrende gedacht, die sich bereits für das Thema Nachhaltigkeit interessieren. Warum es sich auch für Lehrende lohnt, Personal Green Skills in ihre Lehre einzubauen, erklärt Vizepräsident Prof. Dr.-Ing. Schmitt: „Die Teilnahme an solchen Projekten ist horizonterweiternd und sich auf etwas Neues einlassen, kann nicht schaden.“
Europäische Zusammenarbeit: Von Deutschland bis Spanien
Das Projekt ist international ausgerichtet, um den Horizont der Teilnehmenden zu erweitern und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Bei der Zusammenarbeit und Kontaktherstellung über Grenzen hinweg unterstützt besonders der Hochschulservice Internationales (HSIN) in Person von Leiter Dr. Daniel Wimmer, seinem Team und Manuel Glattbach. Mit Erfolg: Es gelang die Gründung der Allianz „Uninovis“ zusammen mit Hochschulen aus Litauen, Finnland, Österreich und Spanien. Seit 2024 ist die Allianz „Uninovis“ sogar „Europäische Hochschule“ und wird von der EU mit 1,2 Millionen Euro gefördert.
Zusammen mit den Partnerhochschulen initiierte HSIN das Projekt „Personal Green Skills in Higher Education“ und begleitete intensiv die erfolgreiche Antragstellung bei der EU. An der THWS wird das Projekt vom Institut für Digital Engineering geleitet. Sophie Fischer, die zuvor das Projekt „MainKlimaPlus“ durchgeführt hatte, bringt nun ihr Wissen im Projekt „Personal Green Skills“ ein. Prof. Dr. Holger Walter, der bereits das interdisziplinäre Modul „Understanding Climate Change“ unterrichtete, schloss sich begeistert dem Projekt an. Neben Treffen wie der „Train-the-Trainer-Schulung“ in Wien im Winter 2024 läuft die europäische Zusammenarbeit über Online-Konferenzen und eine gemeinsame Arbeitsplattform für den Austausch von Dokumenten.

Zukunftsvisionen: Die nächsten Schritte
Im Oktober 2025 endet das Projekt. Vorher findet eine Abschlusskonferenz mit wissenschaftlichen Beiträgen statt. Dann soll der Kurs regelmäßig als allgemeinwissenschaftliches Wahlpflichtfach (AWPF) mit 2,5 ECTS-Punkten angeboten werden. Für Vizepräsident Schmitt wäre es ein großer Gewinn, „wenn die Lehrenden durch eigenes Interesse die Impulse auch in ihre anderen Veranstaltungen einbringen würden“. Auch bei den Partnerhochschulen soll dieses Konzept umgesetzt werden und dort von den Lehrenden in Kaunas in Litauen, Tampere in Finnland, im spanischen Malaga, in der italienischen Region Kampanien sowie in Wien in Österreich mit Leben gefüllt werden.
Zur Finanzierung regelmäßiger Treffen mit den europäischen Partnern sind entsprechende Mittel erforderlich. In jedem Fall sind gemeinsam als „Uninovis“ schon jetzt weitere Projekte und Anträge auf dem Weg. Was genau davon bewilligt und umgesetzt wird, bleibt spannend, weil um EU-Gelder ein harter Wettbewerb herrscht. Das Thema Nachhaltigkeit wird dabei weiterhin eine große Rolle spielen. Prof. Dr. Walter bringt es auf den Punkt: „Wir werden massive Veränderungen in der Umwelt und in unserer Gesellschaft erleben und wenn wir unsere Studierenden nicht darauf vorbereiten, dann haben wir versagt.“
Das Projekt Personal Green Skills in Higher Education
- Ziel: Lehrformate zur Förderung nachhaltiger Lebensstile und Soft Skills
- Projektzeitraum: 11/2023 bis 10/2025
- EU-Förderung: 250.000 Euro
- Durchführende an der THWS: Sophie Fischer, Prof. Dr. Holger Walter
- Kooperation: Hochschulen aus Litauen, Finnland, Österreich, Spanien, Italien und die THWS bilden die Allianz „Uninovis“ als „Europäische Hochschule“