Als vor 15 Jahren mit dem Institut für angewandte Logistik das erste Institut der FHWS gegründet wurde, stand die Forschung an der Hochschule noch am Anfang. Über die Jahre kamen sieben weitere Institute hinzu – sie lassen die FHWS heute durch eine breite Vielfalt glänzen.
Ein Roboter-Assistent für Pflegepersonal. „On Demand“-Paketzustellungen für Landbewohner per Bus. Leistungsfähigere Akkus für E-Autos. Oder ethische Fragen zum Einsatz von Big Data und Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen. In acht anwendungsorientierten Instituten und über 90 Laboren forschen die Professorinnen und Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitenden sowie Studierenden der FHWS an zukunftsträchtigen Ideen wie diesen. Verstärkt geforscht wird an der FHWS seit 2006, als der Forschungsauftrag für Hochschulen für angewandte Wissenschaften ins Bayerische Hochschulgesetz aufgenommen wurde. Seitdem hat sich die Forschung an der FHWS beständig weiterentwickelt.
Vom Technischen Schwerpunkt zur breiten Vielfalt
Am 1. Oktober 2006 wurde das Institut für angewandte Logistik (IAL) gegründet. „Damals gab es schon Forschungsaktivitäten im Bereich der Hochspannungstechnik. Das war zwar kein Institut, eher ein Labor. Aber immerhin sind hier schon viele Drittmittel geflossen“, erinnert sich Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt, der das IAL seit Beginn leitet. „Der nichttechnische Bereich war dagegen herausfordernd.“ Gemeinsam mit Prof. Dr. Peik Bremer vertrat er damals das Fachgebiet Logistik in Würzburg. Mit der Gründung des Instituts sollten fortan Drittmittel auch für nichttechnische Forschung eingeworben und alle Forschungsaktivitäten im logistischen Bereich gebündelt werden. Das war Teil einer Zielvereinbarung zwischen der FHWS und dem Bayerischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst.
Von der Anschubfinanzierung durch den Freistaat konnten zunächst 1,5 Mitarbeiterstellen finanziert werden, hauptsächlich für die Verwaltung. „Gerade am Anfang hat sich das Institut gut entwickelt und ist schnell gewachsen“, erzählt der Institutsleiter. Da die Mitarbeitenden aber meist über Forschungsprojekte angestellt sind, hängt ihre Zahl auch immer von den Projekten ab. Momentan arbeiten vier wissenschaftliche Mitarbeitende am IAL. Unter der Leitung der Professorinnen und Professoren bearbeiten sie Projekte, entwickeln Forschungsthemen und schreiben Forschungsanträge. Unterstützt werden sie von mehreren studentischen Hilfskräften. „Für die Verlinkung von Lehre und Forschung ist das essenziell“, findet Müller-Steinfahrt.
Währenddessen schritt auch die Forschung im Bereich Hochspannungstechnik weiter voran. „Prof. Dr. Andreas Küchler war damals einer der führenden Experten der Hochspannungstechnik national wie international“, so Dr. Simone Heimpel, die das Thema Forschung an der FHWS schon seit Jahren begleitet. 2011 wurden seine Aktivitäten schließlich mit einem Institut belohnt: Dem Institut für Energie und Hochspannungstechnik (IEHT). „Gemeinsam mit dem Institut für Medizintechnik (IMES), das parallel dazu entstand, bildet es das Kompetenzzentrum Mainfranken in Schweinfurt“, sagt Dr. Heimpel. IEHT und IMES waren aber nicht die einzigen Institute, die in jenem Jahr starteten: Das Institut für Design und Informationssysteme (IDIS) versteht sich seit 2011 als Denkfabrik für innovative Lösungen und vereint Informatiker und Kommunikationsdesigner.
Ein Neustart in einer Phase des Umbruchs
Eine außergewöhnliche Kooperation entstand 2012 in Bad Neustadt: Vor zehn Jahren wurde die kleine Stadt an der Saale die erste „Modellstadt Elektromobilität“. Kurze Zeit später folgte die Gründung des Technologietransferzentrums Elektromobilität (TTZ-EMO). Ohne die enge Zusammenarbeit des Landrats, der örtlichen Politik, der Industrie und der Hochschule wäre die Gründung des TTZ-EMO so nicht möglich gewesen. So stellt die Stadt die Räumlichkeiten zur Verfügung, die Industrie finanziert die Stiftungsprofessur und die Hochschule bringt ihre Kompetenzen in Forschung und Lehre mit ein.
Mittlerweile bauen über 40 Mitarbeitende und Promovierende die wissenschaftliche Stärke und internationale Vernetzung am TTZ-EMO weiter aus. Mit Hilfe moderner Technologie und Methoden erforschen sie, wie die Akkus von Elektroautos leistungsfähiger werden oder wie man regenerativen Strom lokal erzeugen und in Akkus von Elektroautos zwischenspeichern kann. Pro Jahr werden ca. eineinhalb bis zwei Millionen Euro in die Forschung und den Technologietransfer investiert, davon über 80 Prozent in Kooperationen mit der Industrie.
Aufbrechen der Fakultätsgrenzen
Während die älteren Institute überwiegend aus Fakultäten heraus gegründet wurden, verfolgte die Hochschulleitung gerade bei den neueren Instituten zunehmend die Strategie, Fakultätsgrenzen aufzubrechen und die Kompetenzen in einer Einrichtung zu bündeln. Maschinenbauingenieure sollten mit Wirtschaftsingenieuren zusammenarbeiten, Sozialwissenschaftler mit Informatikern. Das gilt insbesondere für das Institut Digital Engineering (IDEE). „Zwar sollen alle Institute fakultätsübergreifend arbeiten, aber das IDEE war von Anfang an so angelegt“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Hartmann, Vizepräsident für Forschung an der FHWS. „Wir wollten, dass alles, was Digitalisierung betrifft, in einem Institut gebündelt wird.“ Organisiert in vier Center vereint das IDEE seit März 2018 die Fakultäten Elektrotechnik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen sowie Informatik und Wirtschaftsinformatik, die sich alle mit dem Leitthema Industrie 4.0 beschäftigen.
Eine Besonderheit sind auch die vier Forschungsprofessoren des IDEE, die ersten ihrer Art an der FHWS. „Wir haben eine 50-prozentige Lehrentlastung und sollen mit den anderen 50 Prozent die Forschung voranbringen“, erklärt IDEE-Leiter Prof. Dr.-Ing. Jan Schmitt den Vorteil einer Forschungsprofessur. Und das merkt man auch: Seit der Gründung hat das IDEE eine steile Entwicklung hingelegt. Mittlerweile 14 vollfinanzierte Mitarbeitende, fast genauso viele Projekte und über 20 wissenschaftliche Veröffentlichungen. „Grundsätzlich trägt die Idee des IDEE. Aber letztendlich finde ich, dass man nicht ins Unendliche wachsen sollte.“ Denn eine gute Betreuung für die wissenschaftlichen Mitarbeitenden müsse gewährleistet werden, findet Prof. Dr.-Ing. Schmitt. Für ihn gilt: „Quality first! Denn am Ende des Tages möchten wir, dass hier IDEE-Doktoren herausgehen. Und dafür brauchen wir qualitativ hochwertige Forschungsergebnisse.“
Neues Institut in Vorbereitung: TTZ Smart Polymere Pipe Solutions
Bald kann sich die Region Haßfurt ebenfalls über ein Technologietransferzentrum freuen, das sich der angewandten Forschung und Entwicklung von Kunststoffen widmen soll. Beim TTZ Smart Polymere Pipe Solutions sollen insbesondere Wellrohre im Fokus stehen. „Gerade läuft noch die Ausschreibung für die Stiftungs-Professur. Sobald die Professur besetzt ist, soll das TTZ spätestens im Jahr 2022 starten“, so Vizepräsident Prof. Dr. Hartmann.
In den vergangenen 15 Jahren hat sich also viel getan. Insbesondere durch kooperative Forschungsprojekte mit Wirtschaft und Industrie generieren die FHWS-Institute auf mehreren Ebenen Innovationsimpulse für die Region. Davon profitieren sowohl Unternehmen, Institute und Verbände, als auch die Studierenden, die so am aktuellen Stand von Technik und Wissenschaft teilhaben können.
2006
Institut für angewandte Logistik, IAL, Würzburg und Schweinfurt
Leitung: Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt
Professor:innen : 10
Wiss. Mitarbeitende: 4
Nicht-Wiss. Mitarbeitende: 1
Studentische Hilfskräfte: 6
2011
Institut für Design und Informationssysteme, IDIS, Würzburg
Leitung: Prof. Dr. Nicholas H. Müller
Professor:innen : 3
Nicht-Wiss. Mitarbeitende : 2
2011
Institut für Medizintechnik, IMES, Kompetenzzentrum Mainfranken, Schweinfurt
Leitung: Prof. Dr. Norbert Strobel
Professor:innen: 2
Wiss. Mitarbeitende : 1
Nicht-Wiss. Mitarbeitende : 1
2011
Institut für Energie- und Hochspannungstechnik, IEHT, Kompetenzzentrum Mainfranken, Schweinfurt
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Markus H. Zink
Professor:innen : 6
Wiss. Mitarbeitende : 8
Nicht-Wiss. Mitarbeitende : 2
Promovierende: 6
2012
Technologietransferzentrum Elektromobilität, TTZ-EMO, Bad Neustadt/Saale
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Ansgar Ackva
Professor:innen: 5 + 1 Stiftungsprofessur
Mitarbeitende: 43
Promovierende: 12
2014
Institut für Rettungswesen, Notfall und Katastrophenmanagement (IREM), Nürnberg
Leitung: Prof. Dr. Peter Bradl
Professor:innen: 2
Wiss. Mitarbeitende : 2
Nicht-wiss. Mitarbeitende : 2
2018
Institut Digital Engineering, IDEE, Würzburg und Schweinfurt
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Jan Schmitt
Professor:innen: 5
Wiss. Mitarbeitende : 14
Nicht-Wiss. Mitarbeitende : 10
2019
Institut für Angewandte Sozialwissenschaften, IFAS, Würzburg
Leitung: Prof. Dr. iur. Tanja Henking, LL.M.
Professor:innen: 15
Wiss. Mitarbeitende : 12
Nicht-Wiss. Mitarbeitende : 3
Die Sonderstellung von Technologietransferzentren
Technologietransferzentren werden zur Stärkung der angewandten Forschung, des Wissens- und Technologietransfers und der Kooperation von Hochschulen mit regionalen Unternehmen seit 2009 bayernweit errichtet. In Bayern gibt es momentan 17 Technologietransferzentren, deren fachlicher Schwerpunkt sich an der örtlichen Industrie orientiert.
Möglich wird ein TTZ durch die Zusammenarbeit von mehreren Partnern. In der Regel hat eine Region, die meist in der Peripherie liegt, ein Interesse an der Gründung einer Forschungseinrichtung, um Wissen zu generieren, Arbeitsplätze zu schaffen oder Firmen zu gründen. Die Region stellt die Räumlichkeiten zu Verfügung, die Industrie zahlt die Forschungsprofessur und die Hochschule stellt die wissenschaftlichen Mitarbeiter.
TTZs werden auch vom Freistaat unterstützt. In der Anlaufphase finanziert der Freistaat i.d.R. die Laborausstattung und das Personal bis maximal eine Million Euro pro Jahr. Nach positiver Evaluierung nach den ersten 5 Jahren erhalten die TTZ eine staatliche Grundfinanzierung von 200.000-300.000 Euro pro Jahr. Durch diese Sonderstellung können sie eine gute Forschungsstruktur aufbauen.