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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

FHWS goes RoboCup

Team der Hochschule steigt in den renommierten Robotik-Wettbewerb ein

Fast jeder kennt die Aufnahmen der fußballspielenden Roboter beim RoboCup, dem renommierten, internationalen Wettbewerb in der Robotik. Neben der bekannten Fußball-Liga gibt es aber auch noch weitere Wettbewerbe. Dazu gehört auch die RoboCup@work League für Industrieroboter, in der die FHWS nun mit einem eigenen RoboCup-Team ihr Robotik-Know-how zeigen will.

Ins Leben gerufen wurde der RoboCup in den neunziger Jahren. Das ursprüngliche Ziel der internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Idee des RoboCups entwickelten, war und ist auch heute noch, dass die fußballspielenden Roboter bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts ein menschliches Weltcup-Team besiegen können. Dies ist aber inzwischen nicht mehr der einzige Fokus des Wettbewerbs. Seit dem ersten offiziellen RoboCup-Spiel und der dazugehörigen Konferenz im Jahr 1997 ist die Bekanntheit des Wettbewerbs von Jahr zu Jahr gewachsen und das Event zieht immer mehr Besucherinnen und Besucher an. Der letzte RoboCup beispielsweise, der 2019 in Sydney stattfand, zählte über 3000 Teilnehmende und 30 000 Zuschauende. Entwickelt wurde das Konzept, um die Forschung im Bereich der Robotik voranzutreiben, den Forschungsbereich attraktiver zu machen und das Interesse der Öffentlichkeit für die Robotik zu wecken.

Foto des Parcours
Der Parcour der German Open 2020 in Magdeburg war alles andere als einfach. (© Tobias Kaupp)

Das ist auch das Ziel von Professor Dr. Tobias Kaupp, der das Projekt an der FHWS ins Leben gerufen hat. Er selbst verfolgt den RoboCup schon seit einigen Jahren, war auch selbst als Zuschauer beim Wettbewerb vor Ort. Als er bei den RoboCup German Open in Magdeburg auf andere Teams aus dem Smart Factory-Bereich traf, ließ er sich dort zu seiner Idee inspirieren, auch an der FHWS ein Team zu etablieren. Mit den Geldern der Fakultät Elektrotechnik für die benötigte bewegliche Plattform kam das Ganze schließlich ins Rollen. Den endgültigen Startschuss gab eine Förderung von der Hans-Wilhelm Renkhoff Stiftung, die das Projekt nach einem Forschungsantrag von Tobias Kaupp mit rund 20.000€ unterstützt. Die ersten Master-Studierenden wurden mit ins Boot geholt, und das RoboCup Team der FHWS nahm langsam Gestalt an.

Wettbewerb als Forschungsumgebung

Neben der bekannten RoboCupSoccer-Liga umfasst der RoboCup heute noch vier andere Über-Ligen, die sich mit unterschiedlichen Einsatzbereichen der Robotik befassen und jeweils mehrere untergeordnete Ligen einschließen. Zu diesen Überkategorien zählen die RoboCupRescue, RoboCup@home, RoboCupJunior und RoboCupIndustrial. Eine Unterliga von RoboCupIndustrial ist die RoboCup@work League, in der die Hochschule 2021 ins Rennen geht. Dabei geht es um den Einsatz von Robotern in einem Arbeitsumfeld, um sogenannte Industrial- und Service-Roboter. Der Wettbewerb ist sehr anwendungsorientiert, die von den Robotern zu bewältigenden Aufgaben wurden von Unternehmen mitentwickelt und bilden reale Szenarien und Probleme in der Industrie ab. So können die entwickelten Roboter in der Zukunft auch tatsächlich in der Industrie eingesetzt werden.

Der Roboter des FHWS-Teams ist kein kleines, fußballspielendes Männchen, sondern eine mobile Plattform, die mit einem Greifarm ausgestattet ist. Sie soll beispielsweise in Fabriken genutzt werden können, sich dort selbstständig zurechtfinden und verschiedene Aufgaben erledigen. Dazu gehört die autonome Navigation durch das Gelände, das Erkennen, Finden und Aufnehmen von Objekten und der anschließende Transport und das Ablegen. Die Art der Aufgaben beim Wettbewerb sind vorher bekannt, der genaue Aufbau des Parcours jedoch nicht. Vor Ort haben die Teilnehmenden eine Minute Zeit, um ihren Roboter entsprechend zu konfigurieren, dann geht es los.

Um diese komplexe Herausforderung bewältigen zu können, teilt sich das Team verschiedene Aufgaben untereinander auf. Bis zu acht Teammitglieder arbeiten gemeinsam an der Plattform. Zum Team zählen überwiegend Masterandinnen und Masteranden der Mechatronik und Elektrotechnik, die ihre Masterarbeit an dem Projekt schreiben, sowie der Doktorand Florian Spieß, der das Projekt als studentischer Ansprechpartner mitbetreut.

Die Plattform wurde vom Team zugekauft. Die Aufgabe der Studierenden liegt darin, sie mit entsprechenden Sensoren zu erweitern und die intelligenten Software- und Hardwarelösungen für die Bewältigung der Aufgaben zu entwickeln. Alle haben ihre Aufgabengebiete, vom Konstruieren des Greifers über die Integration der Hardware und das Auswählen der Sensoren bis hin zum Auswerten und Berechnen von Daten. Zum Testen der Plattform nutzt das Team eine Simulation sowie eine Übungsumgebung, die am Konrad-Geiger-Campus in Schweinfurt aufgebaut ist.

„Die Robotiker*innen der Zukunft“

Zunächst steht für das Team und deren Plattform die Teilnahme an den RoboCup German Open 2021 an, eine Art Vorentscheid für den eigentlichen, internationalen RoboCup, der im Juni desselben Jahres in Bordeaux stattfinden soll. Doch für das Team steht eher die Aufgabe selbst und die Teilnahme im Mittelpunkt, auch wenn diese nicht über die German Open hinausgeht. „Es geht einfach darum, dass die Studierenden beim RoboCup etwas lernen sollen“, erklärt Doktorand Spieß. „Selbst wenn wir nicht das beste Team sind, die Studierenden haben in ihren Arbeiten an realen, industriellen Projekten gearbeitet.“ Der große Vorteil für die Studierenden ist nach Florian Spieß der praktische Aspekt des Ganzen. Die Studierenden können in konkreten Anwendungsszenarien ihre Kenntnisse und Fähigkeiten vertiefen. Diese Erfahrung ist auch für Prof. Kaupp essenziell: „Ich finde es gar nicht so wichtig, dass wir super abschneiden. Das Wichtige ist, dass wir die Studierenden damit ausbilden können, dass wir Fortschritte machen und dass wir unser Wissen in der Industrie einsetzen können.“

Das Ziel der Hochschule ist, ähnlich wie das des RoboCups, die Forschung voranzubringen und auch die Industrie auf die Leistungen der Studierenden aufmerksam zu machen. Für Prof. Kaupp können durch die Teilnahme am RoboCup sowohl die Forschung und Lehre an der Hochschule, als auch die Industrie, die zunehmend in den Smart Factory-Bereich investiert, optimal bedient werden. Die Industrie soll von der Forschung wie auch von der Ausbildung der Studierenden profitieren. Da die Thematik für die regionale und überregionale Wirtschaft so relevant ist, gehört das Projekt auch zum FHWS-Forschungsschwerpunkt „Digitale Produktion“. Besonders für die regionale Wirtschaft am Standort Schweinfurt ist die durch die @work League-betriebene Entwicklung an industriellen Robotern interessant. Laut Professor Kaupp ist der Bedarf von Unternehmen, im Bereich Intralogistik und Smart Factory weiter zu expandieren, definitiv vorhanden. Dafür werden qualifizierte Arbeitskräfte und fortgeschrittene Forschung benötigt – und beides kann die Hochschule bieten: „Wir wollen zeigen, dass wir die Robotikerinnen und Robotiker der Zukunft ausbilden.“

-	„Selbst, wenn wir nicht das beste Team sind, die Studierenden haben in ihren Arbeiten an realen, industriellen Projekten gearbeitet.“ – Zitat Doktorand Florian Spieß

„Absolute Kollegialität“

Egal ob gewonnen oder verloren: Durch den Wettbewerb nehmen alle Teilnehmenden neben jeder Menge Wissen auch viel Spaß mit nach Hause. Deshalb ist der RoboCup auch keine ernste Wettbewerbsveranstaltung, wie man es aus anderen Bereichen kennt. Hier steht das gemeinsame Interesse für die Robotik und der Fortschritt in der Entwicklung im Fokus. Gegenseitige Unterstützung und Austausch sind nicht unüblich, sie machen sogar den besonderen Geist der Veranstaltung aus. Jonas Beenenga gewann 2014 mit dem Team B-Human die German Open und belegte anschließend beim internationalen Wettbewerb in Brasilien den dritten Platz in der RoboCup Standard Platform League. Er erinnert sich an den Austausch unter den Robotik-Begeisterten aller Länder: „Es ist wirklich spannend, denn man kommt von überall auf der Welt, aber versucht das Gleiche zu erreichen.“

Auch Tobias Kaupp betont die aufgeschlossene Stimmung vor Ort: „Da ist einfach absolute Kollegialität vorhanden.“ Durch den gemeinsamen Austausch mit anderen Teams können alle Teilnehmenden etwas dazulernen und durch die Ergebnisse der anderen motiviert werden. „Es ist hochmotivierend, einen Wettbewerb zu haben, bei dem man die Studierenden so miteinbinden kann“, erklärt er. „Und es muss Spaß machen, das ist eigentlich das Wichtigste.“

Prof. Dr. Tobias Kaupp

Prof. Dr. Tobias Kaupp lehrt an der Fakultät Elektrotechnik u.a. auch Inhalte der Robotik und Steuerungstechnik. (© Simone Friese)

Profilfoto Svenja Zeitler

Ein Artikel von 
Svenja Zeitler