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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Female Entrepreneurship:

Wie die THWS Studentinnen zum Gründen ermutigt

 © Colourbox/233470

Die Gründerszene ist nach wie vor überwiegend männlich dominiert. Die THWS möchte Studentinnen mit verschiedenen Angeboten ermutigen, Geschäftsideen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Das Förderprogramm EXIST-Women ist ein weiterer Schritt in eine Gesellschaft, in der Gründen eine reale Option ist - für alle Geschlechter.

Veröffentlicht am 18.06.2024

Orte, an denen junge und unterschiedliche Köpfe zusammenkommen, sind Quellen für Kreativität - und damit für neue Geschäftsideen. Umso wichtiger ist es, an jenen Orten auch ein unterstützendes Umfeld dafür zu schaffen. Die THWS möchte daher das Thema Gründen als festen Bestandteil im Studium etablieren. „Wo sonst, wenn nicht an Hochschulen, entstehen wissensbasierte und hochinnovative Gründungsideen?“, betont Ulrike Machalett-Gehring, Gründungsberaterin und Projektkoordinatorin vom EXIST-Projekt EntrepreneurSHIP an der THWS. Mithilfe des Förderprogramms EXIST des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) konnte die THWS in den letzten Jahren bereits eine praxisorientierte Gründungskultur etablieren. Workshops, Kurse und Projekte bieten Unterstützung durch Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, Möglichkeiten zum Networking und Raum zum Ausprobieren. Und das mit zunehmendem Erfolg: Schon einige fruchtbare Ideen und erfolgreiche Unternehmen sind aus der THWS hervorgegangen.

Zitat von Ulrike Machalett-Gehring: "Wo sonst, wenn nicht an Hochschulen, entstehen wissensbasierte und hochinnovative Gründungsideen?"
Zitat von Ulrike Machalett-Gehring: „Wir können letztendlich unsere Zukunft gestalten, wenn wir Frauen dazu motivieren, sensibilisieren und qualifizieren, im Bereich Nachhaltigkeit und Gemeinwohl selbstständig tätig zu werden“.

Jedoch ist festzustellen, dass sich in der Gründerszene überwiegend Männer bewegen. Der Anteil der Gründerinnen liegt bei lediglich 37 Prozent. Und der Anteil derer, die die Angebote der THWS in Anspruch nehmen, ist sogar noch geringer. Dabei geht laut Machalett-Gehring von Frauen eine bedeutende Wirtschaftskraft aus – insbesondere im Hinblick auf nachhaltige und soziale Unternehmensgründungen. „Wir können letztendlich unsere Zukunft gestalten, wenn wir Frauen dazu motivieren, sensibilisieren und qualifizieren, im Bereich Nachhaltigkeit und Gemeinwohl selbstständig tätig zu werden.“

Vielfältige Angebote für Studentinnen

Um gründungsinteressierte Studentinnen zu fördern, hat die THWS spezielle Angebote ins Leben gerufen: In der virtuellen „Female Founders“-Podiumsdiskussion werden unterschiedliche Themen rund um weibliches Unternehmertun behandelt. Dazu bietet das GründerinnenCafé alle zwei Monate die Möglichkeit zum Austausch und zum Networking. Und in der Videoreihe „Nachfolge ist weiblich“ stellen sich Frauen vor, die über eine Unternehmensnachfolge zu Unternehmerinnen geworden sind. Unternehmerinnen als Role Models seien entscheidend, um Gründerinnen zu sensibilisieren, erklärt Machalett-Gehring.

Durch weitere Fördermaßnahmen der Bundesregierung können sich Studentinnen zudem seit 2023 für das Programm EXIST-Women bewerben. Die neue Start-up-Strategie zielt darauf ab, das Gründungsökosystem in Deutschland vielfältiger zu gestalten und damit auch den Frauenanteil zu erhöhen. Die THWS kann dadurch zehn Frauen ein Jahr lang bei der Entwicklung von Geschäftsideen begleiten. Das Modellprojekt umfasst ein dreimonatiges Stipendium, Coaching durch die Gründungsberatung der THWS und externe Expertinnen und Experten sowie ein Mentoring-Programm. Dabei werden den Teilnehmerinnen zu Beginn 15 Mentorinnen zugeordnet, welche durch ihre eigenen Erfahrungen unterstützen, begleiten und beraten. In den zwölf Monaten beschäftigen sich die Frauen in Workshops und Trainings mit Themen wie Empowerment, Persönlichkeitsentwicklung, Projektmanagement, Zielsetzung und Kommunikation.

Ein Foto von Ulrike Machalett-Gehring
Ulrike Machalett-Gehring ist Gründungsberaterin und Projektkoordinatorin von EntrepreneurSHIP an der THWS. Sie unterstützt Studentinnen auf ihrem Gründungsweg und sieht großes Potenzial in ihnen (© Ulrike Machalett-Gehring)
Ein Foto von Sophie Hofmann und Lena Ulsamer.
Sophie Hofmann und Lena Ulsamer haben an der THWS studiert und sind dort mit dem Thema Gründen in Berührung gekommen. Heute sind sie mit der Markenagentur Meraki selbstständig und haben gemeinsam den Coworking-Space nomad gegründet (© Madlen Kehr)

Hier braucht niemand eine fixe Geschäftsidee

EXIST-Women richtet sich an Frauen, die gründungsaffin sind, sich also vorstellen können, einmal selbstständig tätig zu sein. Im Bewerbungsschreiben wird geprüft, welche Motivation und welches Engagement die Frauen antreibt und welches Wirkungspotenzial von ihnen ausgeht. Machalett-Gehring und ihr Team stellen sich unter anderem die Fragen: „In welchen Lebensbereichen sehen die Bewerberinnen Verbesserungs- oder Änderungsbedarfe? Wo können ihrer Meinung nach Probleme mit innovativen Geschäftsideen gelöst werden?“. Die Persönlichkeitsentwicklung ist dabei ebenso ein wichtiger Aspekt: Bei der Auswahl der Bewerberinnen wird beobachtet, welche persönlichen Ziele die Frauen erreichen wollen. Besonders bei dem Programm ist, dass die Teilnahme keine fixe Gründungsidee voraussetzt. Zunächst ist nur das richtige Mindset, also die innere, aufgeschlossene Haltung, zum Thema Gründen wichtig.

Die frühere Studentin Lena Ulsamer beispielsweise erhielt durch das AWPF „Gründen@THWS“ wichtige Impulse am Anfang ihres Gründungswegs. Nach ihrem Studium konnte sie sich so mit Meraki, einer Agentur für Markenkommunikation, selbstständig machen. Später stieg auch die frühere THWS-Studentin Sophie Hofmann mit bei ihr ein – auch sie hatte aus den Angeboten während des Studiums für sich mitgenommen, zunächst einmal offen für die Option Gründen zu sein, sich zu trauen und auch Fehler machen zu dürfen.

Ein Foto des nomad Co-Working Space.
Das nomad im Würzburger Stadtteil Grombühl ist ein Coworking-Space, bei dem es um Community, Conscious Work und Open Office geht. Gründerinnen sind die ehemaligen THWS-Studentinnen Sophie Hofmann und Lena Ulsamer (© Madlen Kehr)

Sophie und Lena gründeten außerdem zusammen mit Madlen Kehr den Coworking-Space nomad im Würzburger Stadtteil Grombühl, der unter den Werten Community, Conscious Work und Open Office läuft. Die beiden konnten durch die Hochschulangebote wichtige Kontakte in der Gründungsszene knüpfen. Diese Unterstützung und die positiven Stimmen aus der Community habe die Studentinnen in ihren ersten Schritten bestärkt, erzählen sie. „Gerne die kritischen Stimmen auch mal ausblenden - davon gibt es genug“, empfiehlt Lena anderen Gründungsinteressierten.

Zitat von Lena Ulsamer: „Gerne die kritischen Stimmen auch mal ausblenden - davon gibt es genug“
Zitat von Linda Klatt: „Neben den handwerklichen Aspekten des Gründens hat mir die THWS eine Welt gezeigt, in der Gründen normal ist und eine reale Möglichkeit neben einer Anstellung darstellt“

Gründen ist nicht nur Männersache!

Auch Linda Klatt, ehemalige Studentin und Gründerin, profitierte von der Unterstützung erfahrener Personen in ihrem Umfeld, die sie durch die THWS kennengelernt hat. Später entwickelte sie den Gründungsleitfaden für die Hochschule. „Neben den handwerklichen Aspekten des Gründens hat mir die THWS eine Welt gezeigt, in der Gründen normal ist und eine reale Möglichkeit neben einer Anstellung darstellt“, erzählt sie. Heute ist Linda selbstständig im Bereich Coaching für Conscious Work - unter anderem für das nomad. Dass sie sich irgendwann selbstständig macht, war nicht immer klar. Am Anfang ihres Studiums hatte sie beim Thema Gründen eine männliche Person vor Augen, die laut und vielleicht sogar egoistisch ist. „Eigenschaften, die ich nicht mit mir verbunden habe", sagt sie.

Traditionelle Rollenbilder und Geschlechterklischees würden nach wie vor in Bildung und Erziehung gestärkt. Hier müsse man laut Machalett-Gehring ansetzen, um die Potenziale und die Selbstwahrnehmung schon im Kindesalter zu fördern. Studien zeigen, dass es für Frauen tatsächlich schwerer ist, Finanzierung und Risikokapital zu erhalten. Wenn es um Sponsoring und Wagnis geht, gehen männliche Gründer häufig anders vor. „Wir sehen, dass Männer beim Gründen immer noch mutiger vorangehen. Frauen brauchen oft hundertprozentige Sicherheit, bevor sie den nächsten Schritt wagen", sagt Machalett-Gehring.

Linda konnte genau das aus ihrem männlichen Umfeld für sich mitnehmen. „Diese maskuline Energie, die wir alle in uns tragen - das ist eine Energie, die vorangeht und in die Umsetzung kommt." Wenn sie heute einen Auftrag bekommt, der sie auf unbekanntes Terrain führt, vertraut sie auf ihre Stärken: „Als selbstständige Person wächst du auch mit deinen Aufträgen - für mich ist nur wichtig, das offen zu kommunizieren."

Um Frauen das Gründen zu erleichtern, sind gesellschaftliche Veränderungen notwendig, wozu die Gründungs-Angebote der THWS einen Beitrag leisten sollen. Ulrike Machalett-Gehring hofft, dass Programme wie EXIST-Women nicht nur Pilotprojekte bleiben und langfristige Strukturen geschaffen werden. Durch sie könnten sich in Zukunft noch mehr Frauen mit ihren Geschäftsideen den Weg bahnen - sowohl für sich selbst als auch für die Gesellschaft.

Ein Foto von Linda Klatt
Linda Klatt ist heute selbstständig im Bereich Coaching für Conscious Work. Außerdem hat sie den Gründungsleitfaden der THWS entwickelt (© Madlen Kehr)
Fokus Grün, Nachhaltigkeit an der THWS

Ein Artikel von
Meike Schulig