Künstliche Intelligenz erobert eine Industriesparte nach der anderen. Mit einem neuen Masterstudiengang an der THWS soll dem Fachkräftebedarf in puncto KI begegnet werden. Studiengang-Insider berichten, wie der Einstieg ins erste Semester verlaufen ist.
KI ist alles andere als ein Modewort: Der THWS sind die facettenreichen Anwendungen der Künstlichen Intelligenz wohlbekannt. Die Roboterassistentin „Fiwi“ zum Beispiel beantwortet den Besucherinnen und Besuchern der Fakultät für Informatik administrative Fragen. Auch der Fachbereich Geoinformatik und Fernerkundung nutzt KI und spezielle Satellitendaten, um den Zustand des Regenwalds in Amazonien besser zu kartieren. Der THWS-Student Tim Selig hat sogar Schach und KI innovativ kombiniert und ein Schachprogramm namens „ChessRoberta“ entwickelt. Dabei handelt es sich um einen Roboterarm, der das Schachspiel allein zu einer sozialen Aktivität macht. Doch was verbindet die wachsende Präsenz von KI mit der Weinstadt Würzburg?
Wenn Künstliche Intelligenz auf Würzburg trifft
Deutschland gilt unter einschlägigen Expertinnen und Experten als eines der Länder mit den größten Aussichten für KI-Fachkräfte, gemeinsam mit den USA und Indien. Die Stadt Würzburg spielt dabei eine prägende Rolle, sowohl mit Blick auf die Hightech Agenda Bayern als auch in der KI-Strategie der bayerischen Landesregierung. Für einen Großteil der Unternehmen in der Region ist KI eine wichtige Zukunftstechnologie mit enormem wirtschaftlichem Potenzial. Allerdings setzt der Einsatz in Unternehmen ein gewisses Maß an technischem Know-how voraus. Um die vielen KI-Projekte vor einer drohenden Sackgasse zu retten, brauchen die heimischen Unternehmen dringend qualifizierte Fachkräfte. Genau diesen Mangel versucht der neu eingeführte Masterstudiengang Artificial Intelligence an der THWS auszugleichen.
THWS bringt den Ball mit neuem KI-Master ins Rollen
Schon gleich nach seiner Premiere im Sommersemester 2022, hat sich der Studiengang mit über 200 auswertbaren Bewerbungen aus der ganzen Welt als Renner erwiesen. Zum Schluss schrumpfte die Zahl der Zugelassenen jedoch auf etwa 30. Das macht den KI-Master zu einem eng gestrickten, aber umkämpften Studiengang.
Studiengangleiter Prof. Dr. Frank-Michael Schleif, blickt mit Stolz auf den Debütsommer des Studiengangs zurück. „Zu Beginn hatten wir relativ viele Anlaufschwierigkeiten, die wir allesamt recht gut gemeistert haben“, schildert er. Damit meint er die bürokratischen Hürden wie etwa Visa-Verzögerungen bei ausländischen Bewerberinnen und Bewerbern, welche einen großen Teil des aktuellen Jahrgangs ausmachen. Schwierig war zudem die Besetzung der Professuren. „Zum Glück für uns konnten bis Anfang April alle Lehraufträge erfolgreich mit Kolleginnen und Kollegen besetzt werden“, so Schleif.
„Was unseren Studiengang besonders macht, ist, dass er zum einen komplett auf Englisch ist und zum anderen unserem Ziel dient, die KI stärker in die Anwendung zu bringen“, hebt Schleif hervor und erläutert die Inhalte der drei Studiensemester. In den ersten beiden Semestern geht es um Themen wie Semantik, neuronale Netze und klassische Themen des maschinellen Lernens. Der Anwendungsbereich der Semantik beispielsweise verbessert die Suche und das Abrufen von Informationen. Maschinelles Lernen hingegen ist ein Ansatz, bei dem einem Computer beigebracht wird, aus allgemeinen Daten zu lernen, um ein Muster oder eine Regel abzuleiten – zum Beispiel um einen Apfel von einer Birne zu unterscheiden.
Weitere Bestandteile des Lehrplan-Buffets sind ganzheitliche Themen wie Ethik und interpretierbare Modelle. „Es geht darum, über den Tellerrand hinauszuschauen“, schwärmt Schleif von dem, was den Studiengang auszeichnet. Im dritten Semester folgt die Masterarbeit. „Hier wird gezeigt, was man gelernt hat, entweder an der Hochschule oder in Zusammenarbeit mit der Industrie“, so der Studiengangleiter.
KI-Studium auch für Quereinsteiger denkbar?
Auch für motivierte Quereinsteiger ist der Studiengang KI durchaus lohnend. Laut Jochen Schmidt, Masterstudent des Debütjahrgangs, ist dies „selbst ohne technischen Hintergrund machbar, aber dann wohl deutlich anspruchsvoller“. Vincent Wahyudi, ein Masterstudent aus Indonesien, brauchte ebenfalls einige Zeit, um sich in das Programm einzuleben, denn sein Bachelorabschluss in Industrial Engineering drehte sich nicht viel um KI. Nostalgisch blickt er auf die vergangenen zwei Semester zurück. „Damals, in meinem Bachelorstudiengang, hatte ich keine speziellen Programmierkurse. Daher war im ersten Semester fast alles neu für mich. Jetzt, am Ende des zweiten Semesters, habe ich angefangen, das große Ganze zu begreifen“, erzählt Wahyudi. „Es macht mir jetzt Spaß, die Welt der neuronalen Netze, des Reinforcement Learnings und der Programmierung insgesamt zu enträtseln.“
Wahyudis Fall veranschaulicht, dass es auch Quereinsteigern möglich ist, in der Welt der KI Fuß zu fassen. Dabei lernen die Studierenden verschiedene Disziplinen der Informatik, Mathematik, Physik und Kognitionswissenschaften kennen, die alle für ein besseres Verständnis der Digitalisierung sorgen. Zudem ermöglicht das Fach KI eine erhebliche Vertiefung in Spezialdisziplinen wie Logik, Algorithmen und Mensch-Maschinen-Interaktion.
Was kommt nach dem Abschluss des KI-Masters?
Die Antwort auf die Frage, wie die Berufsaussichten für die Absolventinnen und Absolventen aussehen werden, gibt Schleif ohne Umschweife: „Im Moment sehr golden! Grundsätzlich ist der Markt für KI recht vielseitig. Mehrere Unternehmen sind bereits an uns herangetreten und haben Interesse an unseren Absolventen bekundet. Das war einer der Gründe, warum wir diesen Masterstudiengang überhaupt eingerichtet haben.“ Trotz des hohen Bedarfs an KI-Spezialisierten in Mainfranken, so Schleif weiter, seien Arbeitsplätze überall zu finden, nicht nur in der Region.
Er spricht von Hidden Champions und auch von kleineren Unternehmen als potenziellen Arbeitgebern, die sich nicht nur mit KI und Intelligenten Systemen, sondern auch allgemein mit Data Science beschäftigen. Für einige Master-Anwärter wie Marius Benkert führt der Weg nicht nur zu einem Job nach dem Studienabschluss. Optimistisch schildert er: „Aktuell besteht noch die Überlegung, ob ich direkt in der Industrie anfangen möchte oder ob es nicht doch noch ein Doktor werden soll.“
In einer Dissertation würde sich Benkert mit den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, aber auch mit ihren Grenzen befassen. Denn um das disruptive Potenzial der KI für Forschung und Lehre zu erschließen, hat die THWS ein Kompetenzzentrum gegründet: das Center für Künstliche Intelligenz und Robotik (CAIRO) in Würzburg. CAIRO dient als eine Art Fundgrube für KI-Begeisterte. Es beschäftigt sich mit aktuellen KI-Themen und behandelt mithilfe aktueller datengestützter Ansätze ein weites Spektrum potenzieller Anwendungen der industriellen Praxis, der Robotik und Gebieten wie der Verarbeitung natürlicher Sprache. Im CAIRO haben Studierende die Möglichkeit, den Vorlesungssaal zu verlassen und hautnah an der Lösung praktischer, datenanalytischer Probleme zu tüfteln, die oft aus der lokalen Wirtschaft kommen.
Fazit: Wäre ein KI-Master an der THWS zu empfehlen?
Dank der breiten Nutzung des maschinellen Lernens für die Automatisierung in der Industrie 4.0, boomt nun auch der Jobmarkt. Dadurch liegt auch das Studium der KI-Fächer im Trend. Zahlreiche andere Hochschulen bieten ähnliche Studiengänge an. Was unterscheidet die THWS von anderen Anbietern? „Das Besondere ist sicherlich der Standort“, antwortet Prof. Dr. Schleif. Seine Begründung: Die Nähe Würzburgs zu Städten wie München, Ingolstadt und Nürnberg mache die Stadt zu einem der „KI-Knoten“ im bayerischen KI-Netzwerk. Diese Knotenpunkte fungieren als Anker- und Verbindungspunkte, über die sich Unternehmen und Institutionen an das bayerische KI-Netzwerk andocken können.
Die Aussichten scheinen also sehr gut zu sein. Ist aber auch der Master an der THWS ohne Vorbehalte empfehlenswert? „Selbstverständlich!“, antwortet Christeena Varghese, Studentin aus Indien, enthusiastisch. „Die Lehrmethodik an der THWS ist gut. Sie ist praxisnah und wir bekommen auch theoretisches Wissen vermittelt.“
Vargheses Antwort lässt vermuten, dass der neue KI-Master für die Studierenden den richtigen Mix bietet. Umgeben von Weinbergen und vom Main, klingen die Chancen für Studierende wohl vielversprechend. Mit internationalem Flair, solider Infrastruktur und praktischer Erfahrung in Forschung und Industrie zielt das Studienprogramm auf den Wandel in der KI-Szene. „Das ist eindeutig mehr als nur ein Studiengang, wir bilden fürs Leben aus“, fasst Studiengangleiter Schleif zusammen.
Eckdaten zum Studiengang Masterstudiengang Artificial Intelligence an der THWS
Dauer des Studiums: | 3 Semester (1,5 Jahre) nur Vollzeit |
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Start: | Sommersemester |
ECTS Punkte: | 90 ECTS |
Unterrichtssprache: | Englisch |
Bewerbungsvoraussetzungen: | - Abgeschlossenes Hochschulstudium mit 210 ECTS - Gesamtnote von 2,5 oder besser - Englisch B2 Niveau oder höher |
Standort: | Sanderheinrichsleitenweg 20 97074 Würzburg |
Website: | mai.fhws.de/en/ |
Stand: 01/2023