Die Fakultät Gestaltung der FHWS beherbergt in zwei Studiengängen 324 Studierende. Sind die Hürden des Bewerbungsprozesses gemeistert, kann man hoch oben auf dem Berg nicht nur studieren, sondern auch das Leben genießen. Ein Überblick über eine Fakultät der besonderen Art.
Beton, Glas, Natur: Der Campus der Fakultät Gestaltung (FG), ein Beton-Bau auf Säulen, liegt am Sanderheinrichsleitenweg am Hubland in Würzburg. Die Hanglage ermöglicht einen Blick auf Weinberge, Streuobstwiesen und ein Naturschutzgebiet. Seit dem Wintersemester 2011/12 ist der Campus Sanderheinrichsleitenweg, abgekürzt SHL, das Zuhause der Fakultäten Gestaltung sowie Informatik und Wirtschaftsinformatik. Bis dahin war es allerdings ein ziemlich langer Weg.
Unweit des heutigen Standorts hatte die Fakultät Gestaltung ihre erste Heimat. Prof. Uli Braun, Professor für Typografie und Grafikdesign sowie Studiendekan der Fakultät, erinnert sich an den Ort in der Hans-Löffler-Straße, den er als Student bei einer Exkursion besucht hat: „Es war ein pavillonartiges Gebäude mit einem Innenhof, von der Architektur her ein typischer Bungalow-Stil. Das hatte eine sehr angenehme Atmosphäre.“ Horst Czenskowski, selbstständiger Werbefilm-Regisseur, erlebte den Ort noch als Student. Von 1985 bis 1989 studierte er Kommunikationsdesign an der Fakultät Gestaltung. „Die Hans-Löffler-Straße war schon cool, man kannte jeden und ist immer einem bekannten Gesicht begegnet, vor allem am Kaffeeautomaten im Keller“, erzählt er. „Ich hatte noch das Glück, mit allen Semestern in einem Gebäude zu sein.“
Verteilt über die Stadt
Denn das sollte sich schnell ändern: Aufgrund von Asbest-Belastungen in dem provisorischen Flachbau wurde das Gebäude abgerissen. Die Fachbereiche mussten auf mehrere Anmietungen in der Stadt ausweichen. „Das war nicht förderlich, man musste immer das Gebäude wechseln, es gab keine Begegnungsstätten der Studierenden, es gab keine Ausstellungsflächen“, sagt Prof. Erich Schöls, Dekan und Professor für interaktive Medien.
Aula und Atelier waren in der Reuerergasse, das Fotostudio in einer ehemaligen Schreinerei in der Badergasse und die Video-Abteilung in der Korngasse untergebracht. Illustrieren konnten die Studierenden in der Münzstraße. Die Seminarräume befanden sich in einer Anmietung in der Randersackerer Straße, darüber hinaus wurden gegenüber des FHWS-Hauptgebäudes in der Münzstraße die bereits vorhandenen Pavillons genutzt.
Hürden, die gemeistert werden wollten
„Straßenfeste und Café-Besuche sorgten für ein lebendiges Uni-Leben, aber trotzdem gab es nicht das Gefühl, dass es eine Fakultät ist“, so Prof. Schöls. Großer Organisationsaufwand, desolate Sanitäranlagen und fehlende Kontaktmöglichkeiten waren die Nachteile der verstreuten Baulichkeiten. Eine Lösung musste her. Doch auch die umfangreiche Suche nach weiteren Alternativen führte zu keiner Lösung. Die Stadt Würzburg zeigte sich kooperativ und bot einen Tausch der Grundstücke Hans-Löffler-Straße gegen ein Baugrundstück am Sanderheinrichsleitenweg an. Ein Architektur-Wettbewerb wurde ausgeschrieben, der Bebauungsplan konnte realisiert werden. Doch ehe mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte, trat eine Bürgerinitiative auf den Plan, die den Neubau verhindern wollte.
Großes Engagement für die Fakultät
Gemeinsam mit Georg Rosenthal, dem ehemaligen Oberbürgermeister von Würzburg, wurden verschiedene Aktionen gestartet: „Die Studierenden haben Vorlesungen in der Fußgängerzone abgehalten und Gemälde auf die Straße gemalt“, erinnert sich Schöls. Fast ein halbes Jahr habe es gedauert, bis sich die Mehrheit bei einem Bürgerentscheid für den Neubau ausgesprochen habe, berichtet Prof. Braun.
„2012 konnten wir in das neue Gebäude einziehen – das war für uns ein Befreiungsschlag“, so Prof. Schöls. Heute ist der Campus ein Ort der Begegnung. Der Außenbereich mit den großen Treppen lädt dazu ein, den Sonnenuntergang zu betrachten, gemeinsam zu essen oder auch miteinander zu diskutieren. Das weiß auch die ehemalige Studentin Theresa Vogt zu schätzen: „Das ist ein unglaublich schöner Gegenpol, gerade weil man als Gestalter viel Zeit am Computer verbringt. Man kann die Seele baumeln lassen – das ist auch wichtig beim kreativen Arbeiten.“ Theresa Vogt studierte von Oktober 2016 bis zum Sommer 2020 Kommunikationsdesign an der Fakultät Gestaltung in Würzburg.
Auch die Innenräume des neuen Gebäudes haben viel zu bieten: Foto- und Tonstudio, Druck-, Papier- und 3D-Werkstatt, interaktives Labor, Materialbibliothek und vieles mehr. Im Vergleich zum ersten Gebäude ist das eine 360-Grad-Wende: „Es gab nur einen Rechner mit limitierten Arbeitszeiten, und für den musste man einen Schein machen“, erzählt Czenskowski. Die Digitalisierung habe viel am gestalterischen Arbeiten verändert, und dennoch sei der konzeptionelle Ansatz immer gleich geblieben: „Es geht darum, Inhalte zu hinterfragen, Konzepte zu entwickeln und damit zu einer innovativen, gestalterischen Lösung zu kommen“, so Prof. Braun.
Mappen, Aufgaben und Gespräche
Seit Beginn – mit der Gründung der FHWS, damals Fachhochschule Würzburg Schweinfurt, 1971 und 111 Studierenden – gibt es den Studiengang Kommunikationsdesign. Seit 2007 wird darüber hinaus der konsekutive Masterstudiengang Informationsdesign angeboten. „Wir wollen ganz bewusst nicht mehr Studiengänge anbieten“, so der Dekan. Denn schließlich solle vor allem die Kernkompetenz zum konzeptionell-kreativen Denken gefördert werden. Diese wird bereits bei der Bewerbung geprüft. Czenskowski sowie Vogt mussten sich beide mit einer selbstgestalteten Mappe bewerben. Diese besteht meist aus 20 Arbeiten aus ganz unterschiedlichen kreativen Bereichen und wird von den Dozierenden individuell bewertet. „Damals war das Studium auch schon begehrt und es wurden nur wenige genommen“, erzählt der Werbefilm-Regisseur. Im Jahr 2021 seien laut Prof. Braun über 460 Mappen eingegangen, von denen 200 ausgewählt wurden. „Das ist die Eintrittskarte für die Eignungsprüfung, die aus zwei Teilen besteht: einer praktischen Prüfung und einem Gespräch“, so der Typografie-Professor.
Pro Semester werden so 60 bis 80 Studierende aufgenommen. Deshalb sei das Verhältnis zwischen Studierenden und Lehrenden auch vertraut und nah, sagt Vogt. Auch die Wahl eigener Projekte und eine individuelle Betreuung machten den Diskurs im Seminar sehr persönlich. Auch Schöls bestätigt: „Wir kennen alle beim Namen, kennen die Werdegänge und wissen, was sie machen, wenn sie die Hochschule verlassen – wir sind sehr familiär.“
„Bergwerk“: das Highlight im Semester
Dadurch, dass die Studierenden neben den Theorie-Fächern vor allem praktische Projekte absolvieren, gibt es am Ende jedes Semesters eine Ausstellung. Diese wurde von Prof. Braun und Prof. Schöls im Jahr 2001 ins Leben gerufen und trägt den Namen „Bergwerk“. Die Veranstaltung wird von Studierenden mitkonzipiert und lockt an zwei Tagen bis zu 2.000 Besuchende auf den Campus. „Das ganze Gebäude wird umgebaut, Räume frei geräumt, und aus allen Kursen werden Projekte gezeigt: Magazine, Bücher, Installationen, Illustrationen, interaktive Medien-Projekte und vieles mehr“, erzählt Vogt. Daneben gibt es noch andere Live-Events wie Vorträge oder Live-Musik. „Wir sind hinterher alle fix und fertig, aber glücklich“, sagt Braun. „Das Bergwerk ist eine tolle Sache und wir sind froh, dass wir das jedes Jahr machen.“
FG unter den Top 5 der Design-Hochschulen
Verschiedene Auszeichnungen wie der Red Dot Award, der Bayerische Staatspreis für Design oder der Adobe World Award wurden den Studierenden der Fakultät Gestaltung bereits verliehen. Auch den Grand Prix für die beste Semesterarbeit konnte die Fakultät für sich entscheiden. „Die wesentliche Asche fällt nicht auf unser Haupt, sondern auf das der Studierenden: Das sind einfach tolle Leute“, so Prof. Erich Schöls. Im Rahmen des Art Directors Club Talent Awards 2021 erhielten die Studierenden insgesamt 14 Ehrungen, darunter viermal Gold. Dadurch wird auch die Fakultät selbst ausgezeichnet – sie zählt zu den fünf besten Design-Hochschulen in Deutschland.