Wo bis vor einigen Jahren noch eine Kaserne stand, entsteht in Schweinfurt der Campus der Zukunft. Die Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen ist dabei nur der Anfang. Auch in Würzburg passt sich die FHWS räumlich den steigenden Studierendenzahlen auf lange Sicht an.
FHWS – Das orangefarbene Logo klebt schon auf der Glastür des modernen, hellen Gebäudes. Drum herum ist es noch still – bis auf das leise durchdringende Geräusch der vierspurigen Straße, die direkt am Areal der Ledward Barracks vorbeiführt. Noch geben die letzten Bauzäune zu erkennen, dass am Feinschliff vor dem finalen Einzug und der Eröffnung gearbeitet wird. Sie zäunen auch den bereits asphaltierten Weg, die kleinen Bäume und die Sitzbänke ein, die förmlich darauf warten, von Studierenden besiedelt zu werden. Mit ein wenig Vorstellungskraft sieht man sie dort schon sitzen: Kaffee in der rechten Hand, Smartphone in der linken.
Der neue Schweinfurter Ledward Campus nimmt Form an
Man sieht sofort, dass etwas im Gange ist, wenn man auf dem großen Gelände der alten Kaserne in Schweinfurt steht. Als das Areal der Ledward Barracks mit dem Untergang der Wehrmacht 1945 und dem Abzug der Amerikaner 2014 nach fast acht Jahrzehnten wieder zur Verfügung stand, hat die Stadt gemeinsam mit dem Freistaat Bayern einen städtebaulichen Ideenwettbewerb durchgeführt. Im Hintergrund die Frage: Wie soll sich die ehemalige Kaserne entwickeln? Durch den Abriss fast aller alten Kasernengebäude ist inmitten der Stadt eine weitläufige, freie Fläche entstanden. Neben der Stadt selbst hat auch die FHWS Bedarf an einer Nutzung angemeldet, sodass es „knapp acht von insgesamt 26 Hektar sind, die die Hochschule zur Ausbauplanung hat“, weiß Holger Richterstetter, Abteilungsleiter Hochschulbau am Staatlichen Bauamt Schweinfurt.
2018 wurde schließlich mit den Baumaßnahmen für das 1,2 Hektar große Gebäude der Fakultät Wirtschaftsingenieurswesen begonnen. „Das ist der erste Baustein, den wir dort setzen konnten. Einer von vielen, die hoffentlich noch folgen werden“, kommentiert Normen Langner, Vizepräsident Bau und Arbeitssicherheit an der Hochschule. Der erste Baustein für den neuen, weitgehend internationalen i-Campus: den Ledward Campus. Der i-Campus ist ein Projekt für einen internationalen Hochschulcampus der FHWS, der im Carus-Park in Schweinfurt aufgebaut wird. Jetzt, zwei Jahre später, ist der Bau des ersten Gebäudes pünktlich zur Übergabe zum Wintersemester 2020 abgeschlossen. Die feierliche Eröffnung des Gebäudes wurde schließlich aufgrund der Corona-Pandemie auf bessere Zeiten verschoben. Ende Oktober fand stattdessen ein Pressegespräch der FHWS mit Vertretern der regionalen Presse statt.
Die i-factory: ein Anziehungspunkt für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
Das erste Gebäude bekommt außerdem schon bald Nachbarn. „Der zweite Baustein ist gerade in Planung; die Vorbereitungen zum Start des Architektenwettbewerbs für das CERI-Gebäude direkt gegenüber dem jetzt fertiggestellten Gebäude laufen“, erzählt Vize-Präsident Langner. CERI steht für „Center Robotics” und verrät bereits: Es ist das erste Gebäude der neuen i-factory und auch die Heimat des neuen Bachelorstudiengangs Robotik/Robotics. „Das Gebäude wird einen zentralen Bereich bekommen, in dem Fertigungsreihen der Industrie integriert werden können. Dort können wir mit den Robotern, die wir im Robotik-Studiengang entwickeln, bestimmte Arbeitsschritte übernehmen, testen und optimieren“, sagt Langner. „Es handelt sich dabei um die Konzeptidee ‚Industrie on Campus‘, die neben den Konzepten ‚Science from Campus‘, ‚Open Center Robotics‘ und ‚Gesellschafts-Forum‘ das angestrebte Ziel des für alle offenen Campus umsetzt.“ Eine weitere Besonderheit ist der geplante Drohnenlandeplatz auf dem Dach des Gebäudes für die Forschung und Entwicklung in der Logistik mit Drohnen. Hörsäle, Labore und Büros um den zentralen Fertigungsbereich herum vervollständigen das Konzept der i-factory.
Für die Attraktivität des Studienstandorts Schweinfurt ist die bevorstehende Entwicklung ein Schritt in die richtige Richtung, findet Gerald Langer, Bereichsleiter Hochbau des Staatlichen Bauamts Schweinfurt: „Dort zu studieren, das Gebäude, die Grünflächen – das ist wirklich klasse.“ Langer ergänzt aber auch, dass der neue Campus nur einer von mehreren Faktoren ist, die eine Rolle für Schweinfurt als attraktiver Studienort spielen.
Auch die geplanten Entwicklungen von städtischer Seite sowie die Lage des neuen Campus gehören dazu. Auf der von der Stadt genutzten Fläche der Ledward Barracks, inzwischen Carus-Park genannt, soll eine neue Stadthalle entstehen. Ganz in der Nähe steht das Willy-Sachs-Stadion, und zwischen all dem verläuft quer über den Carus-Park in Zukunft die Carusallee; eine grüne Verbindungsachse. Zu guter Letzt wird auch die erste Landesgartenschau für die Stadt Schweinfurt zum Imagegewinn des Standorts beitragen. 2026 wird sie auf Teilen des neuen Carus-Parks stattfinden.
Weitere Standorte in Schweinfurt:
- Ignaz-Schön-Straße 11: Die Fakultäten Angewandte Natur- und Geisteswissenschaften, Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen sind dort angesiedelt.
- Konrad-Zuse-Straße 2: Hier befindet sich die Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen.
- Johann-Modler-Weg 2: Der Hochschulservice Internationales, der Campus Angewandte Forschung, der Campus Weiterbildung und der Campus Sprache sind dort anzutreffen.
- Amsterdamstraße 16-18: Die Fakultät Maschinenbau und das Institut für Digital Engineering haben hier ihren Sitz.
- Konrad-Geiger-Straße 2: Dort soll der Studiengang Robotik / Robotics vorläufig untergebracht werden.
Eine klare Drei-Standort-Politik in Würzburg
Vieles wirkt wie eine „synchrone Entwicklung zu Würzburg, nur zeitlich versetzt“, stellt Holger Richterstetter vom Schweinfurter Bauamt fest. In Würzburg fand bereits 2018 im neuen Stadtteil Hubland die Landesgartenschau statt. Und ebenfalls im Hubland, am Sanderheinrichsleitenweg, treffen sich seit inzwischen neun Jahren Studierende verschiedener Studiengänge in einem neuen Gebäude. Nach zwei Bürgerentscheiden konnte dieses Gebäude, der erste FHWS-Neubau seit fast 30 Jahren, pünktlich zum Wintersemester 2011/2012 eröffnet werden. Bis heute überzeugt die preisgekrönte moderne Gebäudeanlage mit Weitblick ins Grüne.
Der Neubau am Sanderheinrichsleitenweg ist einer der Standorte der FHWS in Würzburg, die dort eine klare Drei-Standort-Politik verfolgt. Am Standort in der Münzstraße gehört seit einigen Jahren auch das Tiepolo-Gebäude fest zu den infrastrukturellen Ressourcen. Schritt für Schritt wurde es vom Wasserwirtschaftsamt übernommen, 2016 dann vollständig mit einer Laufzeit für die nächsten fünf Jahre. Das Gebäude soll danach aber weiterhin genutzt werden, um die Fakultät Soziale Arbeit, Räume für Professoren der Wirtschaftswissenschaften oder den Hochschulservice Internationales zu beherbergen.
Weitere Räumlichkeiten in Würzburg
- Friedrichstraße 17a: Dort befinden sich die Studiengänge Betriebswirtschaft und Medienmanagement.
- Randersackererstraße 15: Hier ist der Campus Weiterbildung und Sprache angesiedelt.
- Veitshöchheimer Straße 1a: Die Studiengänge Architektur und Bauingenieurwesen haben dort ihre Heimat.
Als weiterer Würzburger FHWS Standort kommen noch die Räumlichkeiten am Röntgenring hinzu, welche 1978 und 1991 von der Universität Würzburg übernommen wurden. Die Zahl der Studierenden ist in Würzburg in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Wintersemester 2020/2021 werden die Studierendenzahlen aufgrund des Corona-Virus aber sinken. Jedoch wird angesichts der geltenden Abstandsregelungen mehr Raum benötigt. „Dass in Würzburg ein Flächenbedarf besteht, haben wir bestätigt bekommen. Neubauten sind aktuell aber nicht angedacht“, sagt Vizepräsident Langner. Erweiterungen wird es trotzdem geben – im Sinne von Neuanmietungen. Diese werden besonders auch für das Kompetenzzentrum CAIRO benötigt (CAIRO - Competence Center Artificial Intelligence and Robotics), das sich im Rahmen der Hightech Agenda Bayerns auch in Würzburg besonders intensiv mit KI-Themen befassen wird.
Mit den Entwicklungen an beiden Standorten geht die FHWS einen wichtigen Schritt, um als Hochschule „hinsichtlich Künstlicher Intelligenz und Robotik zu einem internationalen Kompetenzzentrum zu werden“, fasst Langner zusammen. In zehn, fünfzehn Jahren wird das jetzige Areal der Ledward Barracks nicht wiederzuerkennen sein. Mit ein wenig Vorstellungskraft kann man das bunte Treiben schon sehen. Passantinnen und Passanten schlendern über die Carusallee, andere spielen Frisbee oder sitzen auf Bänken und lesen. Und mittendrin: etliche Studierende mit der Möglichkeit, Wissenschaft und Praxis auf einem hochmodernen Campus zu verbinden.