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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

„Jedes Mal, wenn man nach draußen geht, entdeckt man mehr“

Über die Erfahrungen eines indischen Incoming-Vollzeitstudierenden

 © Aman Swain

Über 8.000 km von Zuhause entfernt studieren: Das ist wohl nicht jedermanns Geschmack. Für Aman Swain aus dem indischen Pune war es die beste Entscheidung seines bisherigen Lebens. Er kam im Wintersemester 2019/20 nach Deutschland und erzählt uns, wie er seine erste Zeit hier erlebte.

Warum hast du dich dafür entschieden an der FHWS zu studieren?

Viele Faktoren haben dazu geführt, dass ich mich für die FHWS entschieden habe. Zum einen weil die FHWS Bachelorprogramme auf Englisch anbietet, die sehr breitgefächert, praxis- und zukunftsorientiert ausgerichtet sind. Zudem gehört das Hochschulbildungssystem in Deutschland gehört zu den besten weltweit. Außerdem ist die FHWS für ihre internationale Ausrichtung bekannt. Daher wusste ich, dass ich mit Leuten aus vielen verschiedenen Ländern studieren werde, was wiederum dazu beiträgt, dass ich mich in einem globalen Umfeld bewege und somit auch viele verschiedene Kulturen kennenlernen kann. Das kann vor allem bei der Arbeit an internationalen Projekten von Vorteil sein.

Warum hast du gerade den Studiengang Logistics gewählt?

Vorrangig weil es eine tolle Gelegenheit ist auf Englisch zu studieren, während man in Deutschland wohnt. Das Angebot an Bachelorstudiengängen war ziemlich umfangreich – Mechatronik, Wirtschaftsingenieurwesen und Logistik (Anmerkung der Redaktion: ab dem Wintersemester 2020/21 gibt es zusätzlich noch den Studiengang Robotik, im Bereich der Wirtschaftswissenschaften außerdem den Studiengang International Managment). Ich habe mich letztendlich für Logistik entschieden, weil ich mich für dieses Thema besonders interessiere. Zusätzlich sind die Jobaussichten im Logistik- und Supply Chain-Sektor ziemlich gut. So gut wie jede Firma braucht eine Logistikabteilung, um das Unternehmen am Laufen zu halten.

Wann hast du mit der Bewerbungsvorbereitung für die FHWS begonnen?

Ich habe etwa sechs bis sieben Monate gebraucht, um meine Bewerbung vorzubereiten. Während dieser Zeit habe ich mir Grundkenntnisse in der deutschen Sprache (Level A1 und A2) angeeignet und die geforderten Prüfungen am Goethe-Institut in Bangalore abgelegt. Zur gleichen Zeit habe ich außerdem noch das IELTS-Zertifikat abgelegt, um auch meine Englischkenntnisse nachzuweisen.

Wie waren deine Erfahrungen in Bezug auf den Bewerbungsprozess an der FHWS?

Alles in allem verlief der Bewerbungsprozess reibungslos. Das ganze Verfahren lief online ab. Notwendige Dokumente mussten eingescannt und im Bewerbungsportal der Hochschule hochgeladen werden. Wenn man an irgendeinem Bewerbungsschritt nicht weiterkommt, kontaktiert man einfach die Hochschule, um Unterstützung zu erhalten. Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester ist der 15. Juli des gleichen Jahres. Ich habe alles bis zum 15. Mai hochgeladen und bereits am 31. Mai eine positive Rückmeldung von der Hochschule bekommen.

Wie verlief dein Visumsprozess?

Ich habe am 18. Juli meinen Visumstermin an der Deutschen Botschaft in Bangalore vereinbart. In Indien ist es ziemlich schwierig einen Termin zu bekommen: In manchen Staaten kann die Wartezeit mehr als zwei bis drei Monate betragen. Wie von der deutschen Botschaft gefordert, habe ich alle Dokumente zusammengesucht und in einen Stapel mit den Originalen und zwei Stapel Kopien sortiert. Wir mussten damals zudem ein Sperrkonto mit einem Mindestkontostand von 8.640 Euro eröffnen. (Anmerkung der Redaktion: Stand 2020 müssen Studierende nun 10.236 Euro nachweisen können.) Im Ganzen hat es fünf Wochen gedauert, bis ich meine Visumsbestätigung bekommen habe.

Wie bist du aus deinem Heimatland an den FHWS Campus gekommen?

Nachdem ich mein Visum bekommen hatte, konnte ich meine Reise nach Deutschland planen. Das Orientierungsprogramm sollte am 16. September starten, deshalb habe ich mich entschieden schon einige Tage früher anzureisen. Die Reise dauerte ziemlich lang und war sehr anstrengend. Insgesamt hat es 16 Stunden gedauert, bis ich in Schweinfurt war. Der zwölfstündige Flug von Mumbai nach Frankfurt mit Zwischenstopp in Doha hat rund 28.000 Rupien gekostet (Anmerkung der Redaktion: ca. 300 Euro). Danach habe ich einen Platz im Flixbus vom Frankfurter Flughafen gebucht, was mich insgesamt 25 Euro mit Gepäck gekostet hat.

Wie hast du deine Unterkunft gefunden?

Das einzige Problem in Schweinfurt war die Wohnungssituation. Ich habe wochenlang auf verschiedenen Wohnungsportalen und in Wohnungsgruppen auf Facebook nach einer Unterkunft gesucht. Es gab nur wenige Angebote, dafür aber eine sehr hohe Nachfrage. Zusätzlich wollen fast alle Vermieter ihre potenziellen Mieter vorab persönlich treffen. Es gibt auch die Möglichkeit in einem Studierendenwohnheim zu wohnen, aber die Plätze sind meist ziemlich schnell vergeben. Momentan lebe ich in einem möblierten Doppelzimmer, nur fünf Gehminuten vom Campus entfernt.

Was war am Anfang besonders hilfreich für dich?

Bevor das Semester startete, hat das International Office der Hochschule ein zweiwöchiges Orientierungsprogramm organisiert. Während dieser zwei Wochen wurde uns Unterstützung zu den Themen Einschreibung, Bankkonto eröffnen, Krankenversicherung, Studienbetreuung und Meldewesen angeboten. Zusätzlich gab es auch verschiedene Präsentationen über das Studium an der FHWS und generell zum Leben in Deutschland. Alles war interessant, informativ und sehr hilfreich. Außerdem hatte ich durch meine frühzeitige Ankunft drei Wochen vor Vorlesungsstart genug Zeit, um die Stadt zu erkunden und Deutschland ein wenig zu bereisen.

Wenn du dich zurückerinnerst: Wie war dein erster Monat an der FHWS?

Der erste Monat ist schnell vergangen, während wir versucht haben, uns in der Stadt einzuleben. Weil es das erste Mal ist, dass ich so lange von Zuhause und meiner Familie weg bin, hat sich das Leben für mich sehr verändert. In diesem ersten Monat habe ich viel gelernt, besonders mein Zeitmanagement für das Studium und die Erledigung der täglichen Aufgaben im Haushalt. Neben dem Studium gab es viele Sportveranstaltungen, die Studierende organisiert hatten. Jeder konnte daran teilnehmen. Zusammen mit anderen Inderinnen und Indern in Schweinfurt haben wir ein tolles Diwali (Anmerkung der Redaktion: indisches Lichterfest) gefeiert. Es war eine kleine, aber großartige Feier.

Zitat Aman Swain: -	„Ich habe Freunde gefunden beim Fußballspielen, in meinen Sprachkursen und bei den Gruppenarbeiten während der Vorlesung.“

Wie unterscheidet sich das deutsche Bildungssystem von dem in deinem Heimatland?

Das Bildungssystem in Deutschland funktioniert ganz anders als das in Indien. Das indische Bildungssystem ist eher theoretisch, während in Deutschland mehr Wert auf angewandte Praxis gelegt wird.

Konntest du Freundschaften schließen mit deutschen und internationalen Studierenden?

Eine andere Kultur zu erleben kann aufregend und überwältigend zugleich sein. Am leichtesten ist es, wenn man sich in Situationen begibt, in denen man neue Leute treffen kann. Ich habe Freunde gefunden beim Fußballspielen, in meinen Sprachkursen und bei den Gruppenarbeiten während der Vorlesung.

Wie gut kannst du die Professorinnen und Professoren und das Hochschulpersonal verstehen? Auf welchem Niveau sind deine Deutschkenntnisse aktuell?

Bis jetzt haben alle Professorinnen und Professoren, die ich kennengelernt habe, ausgezeichnetes Englisch gesprochen und waren leicht zu verstehen. Innerhalb der Hochschule kommt man mit Englisch ganz gut klar, aber außerhalb kann es schnell zu Kommunikationsproblemen kommen, zum Beispiel beim Friseur oder beim Bus- oder Taxi-Fahren. Ich spreche Deutsch auf A2-Niveau und kann Gespräche über grundlegende Dinge führen.

Wie sicher fühlst du dich in Deutschland im Vergleich zu deinem Heimatland?

Deutschland ist ein sehr sicheres Land. Die Kriminalitätsrate ist niedriger als in den meisten anderen Ländern. Das Rechtsstaatsprinzip wird sehr ernst genommen und von der Mehrheit der Menschen in Deutschland befolgt. Die Polizei ist sehr angesehen in der Gesellschaft, weil sie schnell handelt und so ein Gefühl von Sicherheit schafft.

Was ist dein erster Eindruck von Schweinfurt?

Schweinfurt ist eine sehr friedliche und ruhige Stadt. Obwohl man nur eine Stunde braucht, um von einem Ende der Stadt zum anderen zu laufen, findet man immer wieder etwas Neues. Jedes Mal, wenn man nach draußen geht, entdeckt man mehr und mehr spektakuläre Pfade, Gässchen und Seitenwege.

Zitat Aman Swain: "-	Ich finde, dass Deutschland eine eigentümliche Mischung aus Altem und Neuem hat, in der Vergangenheit und Gegenwart scheinbar nebeneinander existieren."
Bild von Aman Swain

Im Interview 
Aman Swain