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Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Aron Schuster: „Ich werde lieber unterschätzt, als überschätzt“

Schon seit seiner Schulzeit ist der FHWS-Alumnus politisch aktiv

 © Alexander Beygang

Der Praxisbezug, den er an seinem BWL-Studium an der FHWS geschätzt hat, prägt auch heute noch sein Leben: Als Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle für Juden in Deutschland engagiert sich Aron Schuster für die jüdische Gemeinschaft, als Stadtratsmitglied kämpft er für die Belange der Würzburgerinnen und Würzburger. Wie es dazu kam – und was ihn sonst noch auszeichnet.

Portraitbild Aron Schuster
Seit seiner Studienzeit an der FHWS ist Aron Schuster Stadtrat in Würzburg. (© Uwe Steinert)

Auf den ersten Blick wirkt er wie ein ganz normaler Typ. Nicht wild und abenteuerlich, aber auch nicht versteift. Doch man merkt schnell, dass Aron Schuster klare Vorstellungen von dem hat, was er möchte und wofür er steht. Der 49-Jährige ist Würzburger durch und durch. Er hat an der FHWS studiert und als Stadtrat politisch auch für die FHWS gestritten. Als Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle für Juden in Deutschland (ZWST) ist der Vater von zwei – bald drei – Kindern zudem sozial engagiert für die jüdische Gemeinschaft. Aron Schuster ist häufig auf der A3 unterwegs, wenn er zwischen seinem Büro in Frankfurt und seinem Heimatort Würzburg pendelt. Er sieht das entspannt: „Man braucht einfach ein gutes Zeitmanagement.“

Weniger entspannt war es bei der ZWST im Frühling letzten Jahres, als die Pandemie ausbrach. Es gab einiges zu tun. Vieles musste digitalisiert, die Frage nach der Fortsetzung der Fördergelder geklärt, Einkaufshilfen für Holocaust-Überlebende organisiert werden und noch einiges mehr. Für Schuster hatte gerade der Anfang der Pandemie trotzdem auch einen gewissen Charme: „Die Pandemie hat gezeigt, dass auch schnell gehandelt werden kann, wenn es sein muss. Manchmal übertreiben wir es mit Deep Briefings, Feedbackschleifen, Vorbesprechungen, und so weiter. Dabei geht zu viel Zeit verloren.“ Doch leider werde das wohl schnell wieder verlernt. „Wir Deutschen lieben eben Bürokratie“, sagt er augenrollend. „Was wir perfekt können ist ein Riesen-Impfzentrum aufzubauen mit komplexen Registrierungsmaßnahmen. Aber einen Impfstoff einfach und unkompliziert beschaffen? Daran scheitert es dann.“

Vom Modekonzern zum Wohlfahrtsverband

Das Gesicht von Aron Schusters Vater, Dr. Josef Schuster, der als Hausarzt in Würzburg tätig ist, kennt man aus den Nachrichten: Der Präsident des Zentralrats der Juden wird herangezogen, sobald es um das jüdische Leben in Deutschland geht. Auch sein Großvater engagierte sich für die israelitische Kultusgemeinde. Trotz der Familientradition absolvierte Aron Schuster nach dem Abitur aber erstmal ein BWL-Studium an der FHWS. „Ich wollte mir alle Türen offenhalten. Und der Praxisbezug an der FHWS hat mich überzeugt.“ Noch während des Studiums ergatterte er einen Job bei der s.Oliver Bernd Freier GmbH & Co. KG. Nach ein paar Jahren in der Planungsabteilung des Rottendorfer Modekonzerns, hatte er Lust auf etwas Neues. Als in Frankfurt ein stellvertretender Geschäftsführer für die ZWST gesucht wurde, bewarb er sich kurzerhand. Mit Erfolg. So trat er dann doch noch in die Fußstapfen seines Vaters. „Es ist nichts, wonach ich gezielt gestrebt habe. Aber wenn wir früher in der Familie zum Abendessen zusammensaßen, drehten sich die Gespräche auch um die jüdische Gemeinde in Würzburg. Gesellschaftspolitisches Engagement für die jüdische Gemeinde bekommt man also von klein auf mit und irgendwann findet man sich selbst dort wieder“, so Schuster.

Zitat von Aron Schuster: „Ich wollte mir alle Türen offenhalten. Und der Praxisbezug an der FHWS hat mich überzeugt.“

2018 übernahm er nach Abtritt seines Vorgängers die Leitung der ZWST und krempelte erstmal ordentlich um. Er begann einen Organisationsentwicklungsprozess, baute mehrere Abteilungen auf. Mittlerweile habe er eine tolle Mannschaft zusammen, für die er gerade während des Krisenmanagements im letzten Jahr sehr dankbar sei. „Seine Handschrift erkennt man stark, seitdem er Direktor ist. Die ZWST ist digitalisiert, verjüngt, modernisiert. Das ist ein kompletter Generationenwechsel“, bemerkt auch Michael Schunder, selber viele Jahre ehrenamtlich für die ZWST tätig und ein langjähriger Freund und Wegbegleiter von Aron Schuster.

Politisch engagiert – auch für Belange der FHWS

Schuster sitzt in seinem drehbaren Schreibtischstuhl im Büro und lächelt verschmitzt in die Kamera seines PCs. Die dunkelblonden, kurzen Haare sind gegelt. Die Ärmel des blauen Hemdes nach oben geschoben. Hier in diesen etwas altmodisch eingerichteten vier Wänden hat er im letzten Jahr viel Zeit verbracht. Denn auch die meisten Stadtratssitzungen fanden online statt. Wenn er redet, schweift er gerne weit aus.

Aron Schuster in einem Gespräch.
FHWS-Alumnus Aron Schuster redet und diskutiert gerne. (© Rina Gechtina)
Zitat von Aron Schuster: „Ich finde es spannend, als junger Mensch meine Perspektive mit in die Fraktion einzubringen. Und ich werde lieber unterschätzt als überschätzt.“

Politisch aktiv ist Schuster schon seit seiner Schulzeit. Als sein Gymnasium mit einer anderen Würzburger Schule zusammengelegt werden sollte, trat er in die Schüler Union ein, die sich dagegen aussprach. Es gefiel ihm und er blieb bei seinem politischen Engagement. Wurde Schatzmeister, dann Kreisvorsitzender. Mit 24, inmitten seiner Studienzeit, wurde er in den Stadtrat gewählt. Bei einem Altersdurchschnitt von 49 Jahren, zählt er auch heute noch zu den jüngsten Mitgliedern der CSU-Fraktion. Aber eingeschüchtert hat ihn das nicht. „Ich finde es spannend, als junger Mensch meine Perspektive mit in die Fraktion einzubringen. Und ich werde lieber unterschätzt als überschätzt.“ An seinen ersten Redebeitrag im Stadtrat kann er sich noch gut erinnern. Damals gab es eine Bürgerinitiative gegen den Neubau der FHWS im Sanderheinrichsleitenweg. „Ich habe mich dafür eingesetzt, dass das Projekt doch umgesetzt wird. Und als Student konnte ich authentisch von den beengten Verhältnissen in den Gebäuden in der Sanderstraße berichten“, erinnert er sich.

Ganz ins Bild eines typischen CSU-Politikers passt Schuster nicht. „Auch, wenn es Christlich Soziale Union heißt, denkt man immer erst an eine sehr konservative bayerische Partei. Aron Schuster ist aber eher progressiv und sozial eingestellt“, beschreibt ihn Michael Schunder. Doch auch wenn es damals eher die kommunalpolitischen Themen waren, die ihn zur CSU gebracht haben, fühlt er sich dort heute auch bundespolitisch wohl. „Warum ich in der CSU bin, werde ich natürlich oft gefragt. Aber ich sehe keine Differenzen zwischen meinem jüdischen Glauben und den christlichen Werten der CSU. Immerhin haben beide ihre Wurzeln im Alten Testament“, so Schuster.

Familienmensch und Heimatliebe

Für Aron Schuster steht seine Familie an erster Stelle. „Meine Kinder aufwachsen zu sehen, wie sie sich entwickeln und zu eigenständigen Wesen werden, das stimmt einen einfach glücklich“, sagt er lächelnd. „Die Frage ist immer: Wann ist man zufrieden im Leben? Mir hat mal jemand gesagt, sobald man nachts gut schlafen kann.“ Und das kann er. Die Familie lebt nach den traditionellen jüdischen Geboten. „Die großen Feiertage und Gebote, die mir meine Eltern weitergetragen haben, Regeln zum koscheren Essen und der Shabbat. Das versuche ich mit meiner Familie weiterzupflegen“, erzählt Schuster. Während der Pandemie haben sie noch mehr Zeit miteinander verbracht.

Was nicht mehr drin war: Fußballschauen im Stadion. Sehr schade für einen leidenschaftlichen Fußballfan wie Aron Schuster. „Klar verfolge ich die Fußballspiele auch im Fernsehen. Aber live ist einfach was anderes“, sagt der Kickers-Fan und grinst. „Das ist wirklich meine große Leidenschaft. Schon als kleiner Junge bin ich immer auf die Spiele von den Baskets oder Kickers mitgefahren. Und heute macht mir das immer noch Spaß.“ Schuster ist aber nicht nur in sportlicher Hinsicht Lokalpatriot durch und durch. Er liebt seine Heimatstadt, in der er aufgewachsen ist und an der FHWS studiert hat – und deren Zukunft er nun im Stadtrat mitgestaltet. „Ich schwärme immer gerne vor anderen von Würzburg.“ 

Zitat von Aron Schuster: „Die Frage ist immer: Wann ist man zufrieden im Leben? Mir hat mal jemand gesagt, sobald man nachts gut schlafen kann.“

Ein Artikel von 
Lara Kleinkauf